Frage an Claudia Roth von Christina N. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Roth,
Am 23. Juli 2008 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß § 8 Abs. 1 Nr. 2 Transsexuellengesetz verfassungswidrig ist.
Gemäß dieser Entscheidung bleiben vor der Personenstandsänderung geschlossene Ehen weiter bestehen, der Zwang zur Ehescheidung entfällt somit.
(Dies ist nicht die erste Bestimmung dieses Gesetzes, welche inzwischen ungültig geworden ist; anderes Beispiel: Die Altersgrenze von 25 Jahren wurde bereits gekippt.)
Aus der o.g. Entscheidung des BVerfG ergibt sich ja nun für den Gesetzgeber die Notwendigkeit, für die nun quasi gleichgeschlechtlichen Ehen (nach der Personenstandsänderung) eine Lösung zu finden, wobei aber der Gesetzgeber (Zitat BVerfG) "dabei aber dafür Sorge tragen [muß], dass die erworbenen Rechte und auferlegten Pflichten aus der Ehe dem Paar ungeschmälert erhalten bleiben."
Folgende konkrete Fragen habe ich an Sie:
- Wie stehen Sie zu diesem Gesetz und wie sehen Sie die Zukunft dieses inzwischen recht löchrigen Konstrukts?
- Wie wird Ihrer Ansicht nach eine Lösung des Problems aussehen, bei der die genannten Rechte und Pflichten erhalten bleiben? Dies ist speziell vor dem Hintergrund der "eingetragenen Lebenspartnerschaft" zu sehen, welche ja eben genau nicht die gleichen Rechte und Pflichten (eigentlich ja praktisch keine Rechte...) im Vergleich zu einer Ehe aufweist.
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen,
Christina Naß
Sehr geehrte Frau Naß,
wir plädieren nach wie vor für eine umfassende Reform des Transsexuellengesetzes. Mit immer neuem Stückwerk ist das völlig veraltete Transsexuellengesetz nicht zu modernisieren. Wir haben deshalb im Januar 2007 einen Gesetzentwurf zur Reform des Transsexuellengesetzes ins Parlament eingebracht. Unseren Gesetzentwurf finden Sie unter folgendem Link: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/041/1604148.pdf
Die Aufhebung des Scheidungszwanges bei der personenstandsrechtlichen Änderung des Geschlechts bei einem der Ehepartner ist eine unserer Forderungen. Darüber hinaus fordern wir, die Zugangsvoraussetzung für die Annahme eines Vornamens des anderen Geschlechts (so genannte kleine Lösung) sowie für die personenstandsrechtliche Änderung des Geschlechts (so genannte große Lösung) deutlich zu liberalisieren und auch hier lebenden Ausländerinnen und Ausländern den Zugang zum Transsexuellenrecht zu eröffnen. Unsere Forderungen sind nun – maßgeblich aufgrund der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - in Teilen erfüllt worden.
Wir sind gespannt, welche Regelung der Gesetzgeber, sprich die jeweilige parlamentarische Mehrheit im Bundestag, für die Beibehaltung der Rechte und Pflichten der Ehe einführen wird. In der Tat wird damit die Frage der rechtlichen Gleichstellung von homosexueller Partnerschaft und Ehe wieder neu aufgeworfen.
Wir fordern nachdrücklich eine Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes, die eine tatsächliche rechtliche und finanzielle Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften mit der Ehe zur Folge hat, siehe dazu unseren Antrag von Dezember 2008: http://www.gruene-bundestag.de/cms/default/dokbin/262/262668.ea_zur_gr_anfrage_rechtl_gleichstellung.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Das Büro-Team von Claudia Roth