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Claudia Roth
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Frage von Ingrid H. •

Frage an Claudia Roth von Ingrid H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Roth,

Sie stehen für den Inbegriff einer Multi-Kulti-Ideologie. Jetzt lese ich durch Zufall in der Wiener Zeitung "Die Presse", daß die Vorsitzende der Grünen in Wien, wohl unter dem Druck des Wahlerfolges rechter demokratischer Parteien, das Tabu aufbrechen und über die konkreten Folgen dieser verfehlten Politik reden und diskutieren will. Ganz deutlich spricht Sie die Gewaltkriminalität Jugendlicher mit Migrantenhintergrund an:

"Wien ist zwar nicht Chicago, aber selbst in meinem Bekanntenkreis weiß ich von Jugendlichen, die geschlagen worden sind, oder denen das Handy oder die Jacke geraubt worden ist: Das ist sehr traumatisch. Wenn dir das mit 14 oder 15 passiert, prägt es dich auch sehr. Ich halte überhaupt nichts davon, das zu beschönigen".

Und weiter: "Migranten sollen sich mit ganzem Herzen als Österreicher bekennen".

Man stelle sich mal vor, das würde ein prominenter Grüner in Deutschland so äußern. Wäre das nicht ein wirklicher Tabubruch, der eine ganz neue Diskussion in der Integrationsdebatte einläuten würde? Würden wir damit nicht jeden Zuwanderer in die Pflicht nehmen, unsere Leitkultur anzunehmen?

Ich möchte Sie gern auf den Artikel dieser Wiener Zeitung hinweisen. Hier finden Sie diesen Kurswechsel Ihrer österreichischen Schwesterpartei.

http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/423454/index.do?parentid=0&act=2&isanonym=0

Was halten Sie von diesem Kurswechsel? Sollten wir nicht grundsätzlich unsere Zuwanderer in die Pflicht nehmen, sich mit ganzem Herzen zu Deutschland zu bekennen? Sollten wir nicht klare Forderungen aufstellen und notfalls bei groben Regelverstößen auch deutliche Kante zeigen und abschieben? Sind Sie als Berufspolitiker und wir als Deutsche nicht geradezu zum Schutz unserer Identität dazu verpflichte?

Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Hahn

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Hahn,

zufällige Informationen generieren auch viel Halbwissen. Sie nehmen die einzelnen Ihnen passenden Satzstücke aus dem Zusammenhang und stellen sie in einen von Ihnen konstruierten Kontext. Sowohl das Interview mit Maria Vassilakou, wenn man es zu Ende liest, als auch dieses einfach zu findende Positionspapier der Grünen Partei in Österreich ( http://www.gruene.at/uploads/media/gruene_integrationsleitlinien.pdf ) widersprechen Ihren Annahmen und machen Ihren Jubel über baldige Abschiebung zunichte.

Es gibt keine Multi-Kulti-Ideologie, auf deren Tod Sie offensichtlich sehnsüchtig warten. Aber es gibt eine multikulturelle Realität in unserem Land wie auch in Österreich, deren demokratische Gestaltung harte Arbeit und kluge Konzepte erfordert. Diese Arbeit können nur realitätstüchtige und zukunftsgewandte politische und gesellschaftliche Kräfte wie die Grünen in Deutschland und Österreich leisten. Keine Politikerin oder kein Politiker ist zum Schutz Ihrer Identität verpflichtet. Ihre Identität ist nur von Ihnen persönlich zu pflegen oder zu schützen, sie geht niemanden an.

Mit freundlichen Grüßen

Das Büro-Team von Claudia Roth

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