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Claudia Roth
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Frage von petra m. •

Frage an Claudia Roth von petra m. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Roth,

ich habe von Ihrem Interview über die zu Ende gegangene Olympiade bei Deutschlandfunk gelesen.

Sie äußerten Besorgnis darüber, ob künftige Winterspiele in Sochi stattfinden sollen.

Ich wollte Sie fragen, ob Sie bereits Ergebnisse der Reise des EU-Komissares Thomas Hammerberg (er war grad am Sonntag in Zchinwali, in der südossetischen Stadt, die georgische Soldaten am 08.08.2008 angegriffen haben und wo es tausende Tote dadurch in der Zivilbevölkerung gab).

Bitte schreiben Sie, auf welcher Datenbasis Sie ihre Meinung über das demokratische Vorgehen des georgischen Präsidenten gebildet haben und überhaupt über die Lage dort, haben Sie z.B. die zerbombte Stadt Zchinwali persönlich besucht?

Was mich sehr interessiert, können die deutschen Bundestagsabgeordneten den aktuellen Bericht von Thomas Hammerberg lesen, d.h. liegt er denen überhaupt vor?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Müller,

den Bericht von Thomas Hammerberg kennen wir. Die Informationen aus Georgien und Ossetien sind mittlerweile viel genauer und differenzierter als es in den ersten Berichten aus der Region der Fall war. Die Kritik von Hammerberg an den beiden Konfliktparteien ist aus unserer Sicht richtig. Denn beide Seiten haben gemeinsam zur Verschärfung der Situation und zur Entstehung der humanitären Katastrophe beigetragen. Der georgische Präsident hat sich mit seinem Übereifer vergaloppiert und großen Schaden angerichtet.
Notwendige Kritik an der georgischen Regierung kann aber nicht Parteinahme für die russische Politik bedeuten – im Gegenteil. Schon in Süd-Ossetien und Abchasien selbst handelte Russland weniger als Friedenstruppe denn als Besatzungsmacht. Der jetzige Ministerpräsident Putin hat, als er dieses Amt bereits einmal innehatte, 1999 im Hinblick auf Tschetschenien ähnlich gedacht, geredet und gehandelt wie jetzt. Mit äußerster Massivität und Brutalität nutzte er Anlässe für die Zerstörung jeden möglichen Widerstands in einem störenden kleinen Nachbarland. Damals war es Tschetschenien, ein Teil Russlands. Heute ist es Georgien, ein souveräner Staat. Die Reichweite und Dauer des russischen Vorgehens geht ebenfalls weit über die Wiederherstellung eines "status quo ante" vor Beginn der georgischen Offensive hinaus. Mit dem Schutz Süd-Ossetiens und russischer StaatsbürgerInnen – ohnehin ein Argument auf rechtswidriger Grundlage - ist das nicht mehr zu begründen. Auch die unverhohlene Erklärung, Georgien sei "bestraft" worden, hat natürlich keinerlei rechtliche Rechtfertigung. Es mag sein, dass dieses Vorgehen in der russischen Öffentlichkeit ähnlich populär ist wie seinerzeit zu Beginn des Kriegs in Tschetschenien. Eine Rechtfertigung ist das nicht, genauso wenig wie der naheliegende Wunsch, mit der militärischen und politischen Schwächung Saakaschwilis den USA und der EU den russischen Hegemonieanspruch im Kaukasus demonstrieren zu wollen. Eine Störung der Baku-Ceyhan-Pipeline, der einzigen nicht russisch kontrollierten Erdölleitung aus der Region in die Abnehmerstaaten, wäre sicher zumindest ein willkommener Nebeneffekt. Der Erdöl-Hafen Poti ist bereits lahmgelegt. Insgesamt zeigt das russische Vorgehen, dass in Moskau keinerlei Interesse an Kompromissen oder auch nur Verhandlungen besteht. Es geht ausschließlich um Sieg und Niederlage, um die Durchsetzung von Interessen mit allen Mitteln. Mehr zu diesem Konflikt, dessen Perspektiven und unserer Einschätzung der Lage können Sie hier nachlesen: www.gruene-bundestag.de/cms/internationales/dok/245/245420.vom_frozen_conflict_zum_krieg.html

Mit freundlichen Grüßen
Das Büro von Claudia Roth

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