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Claudia Roth
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Frage von Ralf O. •

Frage an Claudia Roth von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Roth,

1) Was halten Sie von einer League of Democracies als Ergänzung oder Ersatz zur UNO, die Ivo Daalder, der außenpolitische Berater Obamas, Robert Kagan, der außenpolitische Berater Mc Cains sowie US-Präsidentschaftskanidat Mc Cain selbst vorgeschlagen haben.
Sehen Sie darin mehr die Chance für einen neuen Multilateralismus oder eher die Gefahr eines neuen Kalten Krieges, der China und Rußland als neue Gegner hätte?

2) Nach der Verlegung der Bundesmarine vor die Küsten des Libanons: Wie weit geht die Solidarität mit Israel im Falle eines Konfliktes mit dem Iran--ist eine Beteiligung der Bundeswehr im Krisen- oder gar Kriegsfall zur Sicherung des Existenzrechts Israels auszuschließen? Wie stehen die Grünen dazu?

3) Wie stehen Sie zu dem Vorschlag von Herrn von und zu Guttenberg eine unabhängige Afghanistan-Kommission unter dem Vorsitz von Rühe und Fischer einzusetzen, um eine Zwischenbilanz zu ziehen, die Ziele zu definieren und auch eventuell Exitstrategien zu erörtern? Wie stehen sie dem viel geforderten Strategiewechsel gegenüber und was sollte er ihrer Meinung nach beinhalten?

4) Würden sie auch noch für den EU-Beitritt der Türkei stimmen, wenn die AKP Gesetze nach Art der Scharia einführen würde? Wie stände es dann mit einer NATO-Mitgliedschaft?

MfG

Ralf Ostner

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Ostner,

die Idee einer „League of Democracies“ als Ergänzung oder Ersatz zur UNO würde nur die UNO und das Völkerrecht schwächen. Wir sind für die Stärkung der UNO, die sich aber reformieren und modernisieren muss, um nicht ständig in Frage gestellt zu werden. Informelle Leagues oder Kreise wie G8 sind nicht demokratisch legitimiert und in der Praxis ineffizient.
Die Frage nach dem Fall eines Konflikts mit Iran ist spekulativ. Die Sicherung des Existenzrechts Israel schließt die Vermeidung von militärischen Abenteuern nicht automatisch aus. Die politische Kunst bestünde ja darin, richtige Antworten auf die konkreten Fragen zu finden, wenn der Fall einträte.
Wir haben unsere eigenen Vorstellungen eines Strategiewechsels in Afghanistan. Die Afghanistan-Frage darf nicht an Kommissionen delegiert werden, die sich außerhalb des Parlaments befinden. Selbstverständlich schließt das die Einbeziehung des in der Gesellschaft vorhandenen Sachverstandes nicht aus. Niemand kann das Parlament und seine Gremien daran hindern, Sachverstand und Kompetenz von außen zu holen.

Der EU-Beitritt der Türkei ist an viele Bedienungen aus den Beitrittskriterien verknüpft. Dazu gehören: grundlegende Demokratisierung des Landes, Gewährung der Rechtsstaatlichkeit auf allen Ebenen, Einhaltung von Menschen- und Minderheitenrechten usw. Die Beitrittsverhandlungen werden Kapitel für Kapitel auf der Grundlage von überprüfbaren Fortschritten des Landes geführt. Natürlich kann dies nicht „mit Gesetzen nach Art der Scharia“ zusammengehen. Deshalb bleiben solche Behauptungen eine demagogische Polemik, fern jeglichem Realitätsbezug. Die Antwort auf die Frage, wie es mit der NATO-Mitgliedschaft der Türkei in der Zukunft aussieht, richten Sie am besten an die Wahrsagerin Ihres Vertrauens.

Mit freundlichen Grüßen

Das Büro-Team von Claudia Roth

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