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Claudia Roth
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Frage von Mike Z. •

Frage an Claudia Roth von Mike Z. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Roth,

ich habe eine Frage zum sog. BAföG-Missbrauch. Derzeit laufen staatsanwalt. Ermittl. gegen mehrere zehntausend StudentInnen.

Die Strafe hängt davon ab, welche Linie die jew. zuständige Staatsanwaltschaft vertritt. (vgl. http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/berufstudium/artikel/869/44825/)

Die bundesweit unterschiedliche Verfahrensweise der Gerichte und Staatsanwaltschaften war bereits Gegenstand einer Sitzung des Strafrechtsausschusses der Justizministerkonferenz 2004. Hierbei wurde von den einzelnen Ländern über die jeweilige Praxis berichtet. Angestrebt wurde eine bundesweit einheitlichere Handhabung.

Geändert hat sich bis heute nichts. Während etwa in Darmstadt auch bei einer Schadenssumme von knapp 20.000 € noch das Verfahren nach § 153a StPO eingestellt wird (Quelle: http://www.aixcms.de/cms_data/ra-dr-gross/aixcms/contents/bafoegrecht/Internet_Briefkopf_Darmstadt.pdf), führen in München, Passau oder Osnabrück schon Schadenssummen von 2000 € zu einer Verurteilung.

Dabei ist zu betonen, dass es bei vielen StudentInnen um „Leben oder Tod“ geht. Diejenigen, die eine Beamtenlaufbahn oder einen Berufsweg im öffentlichen Dienst einschlagen wollen, haben schon bei einer Geldstrafe von wenigen Tagessätzen ein „echtes Problem“. Eventuell können sie nicht nur ihre Karriere, sondern jegliche Chance auf eine Arbeit im gewünschten Bereich abschreiben.

Frau Roth, ich kenne selbst einige Fälle, und versichere Ihnen, dass die „Täter“ höchst anständige Menschen sind, die eine Unüberlegtheit, einen Fehler, vielleicht aber auch gar nichts Vorwerfbares (sic!) begangen haben. In den mir bekannten Fällen ist das derzeitige Sanktionensystem mit seinen schweren, lebensbeeinträchtigenden Folgen unangemessen. Letztlich trifft es (von den krassen Fällen abgesehen, in denen wirklich Wohlhabende einfach Vermögen verschweigen) Studis aus der Arbeiterschicht...Das ist nun mal Fakt. Kann – muss – eine grüne Politik hier nicht aktiv werden?

Beste Grüße,
Mike Zettler

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Zettler,

wenn Sie den besagten Artikel in der SZ zu Ende lesen, werden Sie feststellen, dass in den meisten Fällen die Vorwürfe gestimmt haben, der Löwenanteil von Rückforderungen mittlerweile gezahlt worden ist und ein geringer Prozentsatz auf eine endgültige Entscheidung und Klärung wartet. Die Bundesregierung hat eine parlamentarische Anfrage zu diesem Thema bereits im Jahre 2005 beantwortet: http://dip.bundestag.de/btd/15/058/1505807.pdf

In der Tat wäre es absurd, allen Studierenden und Schülern, die aufgrund der Faktenlage bestimmte Beträge zurückzahlen müssen, kriminelles Vorgehen vorzuwerfen.
Das unterschiedliche Vorgehen der Justiz erklärt sich zwar mit der föderalen Struktur unserer Justiz, die durch das ebenso föderal strukturierte Bildungssystem bisweilen sonderbare Früchte tragen kann. Dennoch sehen wir den Stand der Bearbeitung und das Tempo kritisch. Um den Justizapparat im Interesse der Allgemeinheit nicht länger mit diesen Fällen hinzuhalten, wäre ein abgestimmtes und koordiniertes Vorgehen der Bundesländer sicherlich sinnvoll gewesen. Das könnte die bei manchen Betroffenen anhaltende Verunsicherung beenden. Angesichts der individuellen Verantwortung der Betroffenen und der Klärung des Gros der Fälle sehen wir keine Notwendigkeit für neue politische Initiativen, außer an die Landesregierung zu appellieren, diese Fragen schnell, zügig und mit einer besonderen sozialen Verantwortung zu lösen. (das ist hart, aber was sollen wir ihm versprechen? Ich hatte die Frage seinerzeit weitergeleitet, aber bis heute keine Antwort bekommen, vielleicht sollten wir uns telefonisch beraten lassen, überfallartig!)

Mit freundlichen Grüßen

Das Büro-Team von Claudia Roth

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