Frage an Claudia Roth von Rainer H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Roth,
mit erstaunen las ich heute zum ersten mal von Ihrem Kirchenbann. Nun stellen sich mir hierzu einige Fragen. Sie setzen sich für die rechte von Lesben und Schwulen ein. Auch für die der Einwanderer unter denen zum Teil Muslime sind. Kennen Sie den Koran? Ist der Koran (an den sich die meisten Muslime gebunden fühlen) nach Ihrer Ansicht mit dem deutschen Grundgesetz überhaupt vereinbar? Glauben Sie das Muslime bereit sind entgegen den Lehren des Koran Homosexuelle zu tolerieren-zu akzeptieren? Wie können sich die beiden Gruppen am Besten annähern ohne einander im Glauben / in den freiheitlichen Grundrechten zu verletzen? Was sagen Sie zu den unsäglichen neuen Fatwen aus aller Herren Länder die jeden Tag neu gegen Homosexuelle etc. ausgesprochen werden? Wieso schaut die Welt bei so schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen zu?
Vielen Dank im Vorfeld für Ihre Bemühungen verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Hartmut,
wenn es um die Politik gegen Diskriminierungen geht, darf es keine Klassifizierung der Opfer geben. Deshalb kann eine Antidiskriminierungspolitik auch keine Unterschiede darin machen, wer wie lebt und woran er/sie glaubt.
Millionen gläubige Musliminnen und Muslime können das Grundgesetz mit ihrem Glauben und der für sie heiligen Schrift, dem Koran, bestens vereinbaren, wie es das Alltagsleben in allen multireligiösen Gesellschaften zeigt.
Wichtig ist, dass die Werte des Grundgesetzes nicht auf der Strecke bleiben oder relativiert werden. Der Staat hat mit seinen Instrumentarien und Gewaltmonopol dafür zu sorgen. Nicht der Wortlaut des Koran ist hierfür ausschlaggebend, sondern allein das Verhalten des/der Einzelnen und seine/ihre Verantwortung.
Fatwas von religiösen Gelehrten oder Führern, mögen für ihre Anhänger bindend sein, sind aber letzten Endes politische Bekundungen religiöser Natur. Werden Rechte anderer durch sie tangiert oder widersprechen die Handlungsempfehlungen den Werten unserer Verfassung, dürfen sie nicht befolgt werden. Auch dafür sorgt der Staat, ohne eine Gruppe allein aus weltanschaulichen Gründen diskriminieren zu müssen.
Trotz aller Vorbehalte der Mehrheit islamischer Geistlicher gegenüber ausgelebter Homosexualität gibt es keinen Grund, hier die Grundsätze der Antidiskriminierungspolitik über Bord zu werfen. Diesen Streit haben wir in der Tradition der Aufklärung und mit dem Ziel der Modernisierung der Gesellschaftspolitik zum Erfolg zu führen.
Innenpolitisch treten wir für eine umfassende Politik gegen Diskriminierung ein, weltweit können wir uns nur im Rahmen des Völkerrechts für die Einhaltung der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen engagieren.
Mit freundlichen Grüßen
Das Büro-Team von Claudia Roth