Frage an Claudia Roth von Joachim M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Roth,
ebenfalls zur Afghanistan- Politik: mittlerweile ist die Situation in Afghanistan sehr verfahren und eine "richtige" Politik zu betreiben, schwierig. Unverständlich sind mir speziell die Polizeiausbildung und das militärische Engagement der Bundeswehr. Erstens ist es richtig, dass neu ausgebildete Polizisten gerne Ihr Wissen und Können bei einem besser bezahlenden AG zur Verfügung stellen. Sollte dieses "Mandat" daher nicht erweitert werden auf die Zeit nach der Ausbildung?
Darüberhinaus: Unstrittig ist das Bestreben, die Wiederaufbauprojekte auch militärisch abzusichern. Warum aber wird nicht mehr getan, um die Bevölkerung und deren Unterstützung, z.B. durch Aufklärung, zu gewinnen? Denn eine Stabilisierung und in deren Zusammenhang eine Abkehr von Taliban- Ideologien kann nur erreicht werden, wenn dies von den Menschen gewollt und mitgetragen wird. Dies geht sicher nicht mit Waffengewalt, denn einerseits sind dabei die sog. Kollateralschäden unvermeidbar, die sicher das Gegenteil von Unterstützung bewirken, andererseits stellt sich die Frage, unter welche Kategorie ein Engagement in AF fällt, das mit Waffengewalt versucht, eine Ideologie, ein Wertesystem oder auch eine Philosophie gegen eine andere, vielleicht eine nicht einmal dort gewollte, auszutauschen.
Wäre nicht vielmehr eine entsprechende "Propaganda" bzw. Aufklärung viel hilfreicher, so wie es die Gegenseite auch versucht? Genügend Gründe liefert die Gegenseite ja, ob durch Benutzen der Bevölkerung als Schutzschild vor Angriffen oder auch durch die Entdeckung von Massengräbern der Opfer von Massakern der Taliban?
Eine viel stärkere Gewichtung, sicher nicht ohne militärische Unterstützung, scheint mir der einzige Weg zu einem friedlichen Afghanistan.
Augenblicklich scheint der Grundtenor zu sein, dass Afghanistan nur mit noch mehr militärischem Einsatz zu gewinnen ist. Nur: Ist es nicht am Ende ein Austausch der Besatzungsmächte Taliban gegen Westmächte?
MfG
J Mußotter
Sehr geehrter Herr Mußotter,
die Schwierigkeit der Situation in Afghanistan und die Vielschichtigkeit von Problemen des Landes sind allen Beteiligten an den Aufbauarbeiten und am Wiederaufbauprozess wohl bewusst. Politische Parteien können sich deutlich positionieren, auch Bündnis 90/Die Grünen haben das in verschiedenen Beschlüssen getan. Wichtig ist aber, dass die großen Akteure in diesem Prozess wie die USA, die NATO, die EU, Deutschland und natürlich auch die afghanische Regierung überzeugt werden, dass neben militärischer Wiederaufbauassistenz die Herzen und Köpfe der Menschen in Afghanistan gewonnen werden müssen, klar ist, dass das die schwierigere aber umso wichtigere Aufgabe in Afghanistan ist. Patentrezepte dafür gibt es leider keine, zwar hat die deutsche Bundesregierung die Notwendigkeit eines Strategiewechsels in Afghanistan eingesehen, es mangelt aber an praktischen Schritten und Bemühungen der Bundesregierung, dafür zu werben, Maßnahmen zu ergreifen und notfalls auch einen Konflikt mit anderen Akteuren in Kauf zu nehmen. Als Oppositionskraft werden wir weiterhin darauf bestehen, dass endlich ein glaubwürdiger Strategiewechsel verbunden mit Verantwortung für das Land Afghanistan und seine Menschen eingeleitet wird.
Mit freundlichen Grüßen
Das Büro-Team von Claudia Roth