Frage an Claudia Roth von Uli B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Claudia Roth,
erst einmal vielen Dank für Ihr Engagement für Bürgerrecht auch in der Türkei.
Frage: Ist es richtig, dass im Zusammenhang mit den Newroz-Feiern in der Türkei auch deutsche militärische Fahrzeuge gegen Demonstranten - einschließlich Kindern - eingesetzt wurden?-
Wenn "JA" - welche Verantwortung übernehmen wir als Hersteller und Lieferanten dieser Fahrzeuge.
In welchen Ruf kommt die Bundesrepublik durch solche Vorgänge, die auch gegen Bürgerrecht und Demokratie gerichtet sind?-
Was muss politisch in unserem Land, geschehen, damit solche Vorfälle sich nicht wiederholen.
Wann sollte wer mit türkischen Stellen sprechen, damit so etwas nicht mehr passiert?-
Vielen Dank
Uli Bangert
Sehr geehrter Herr Bangert,
zuverlässige Informationen in diesem Zusammenhang fehlen uns. Eigene Möglichkeiten, diese Vorwürfe zu prüfen, haben wir nicht. Generell sind die deutschen Rüstungsexportrichtlinien eindeutig und klar. Die Rüstungsexportrichtlinien sagen zwar nichts zur Zulässigkeit des Einsatzes einzelner Waffen. Man geht aber davon aus, dass die gelieferten Waffen völkerrechtskonform eingesetzt werden.
Im Falle der Türkei bestand erfahrungsgemäß der begründete Verdacht, dass Fahrzeuge und Waffen, die zur Verteidigung gegen einen militärischen Angriff von außen bestimmt waren, auch im Inland - speziell in den kurdischen Gebieten - eingesetzt wurden. Deshalb haben wir in der rot-grünen Regierungszeit darauf gedrängt, dass in den Rüstungsexportkriterien die innenpolitische Lage im Empfängerland und das Menschenrechtskriterium einen höheren Stellenwert erhielten. Die Kohl-Regierung hat sich angeblich von der türkischen Regierung "zusichern" lassen, dass die Rüstungslieferungen nicht missbräuchlich verwendet werden. Dabei haben die türkischen Regierungen darauf hingewiesen, dass es sich bei der PKK um Terroristen handele, die man nur mit Waffengewalt bekämpfen könne. Aber Kriegswaffen gegen Demonstranten einzusetzen ist auf jeden Fall unverhältnismäßig und zu kritisieren.
Sie fragen, in welchen Ruf eine Demokratie kommt, die Waffen in die Hände der Unterdrücker liefert? In keinen guten Ruf! Innenpolitisch ist darauf zu bestehen, dass die Waffen- und Rüstungsexportrichtlinien streng angewandt werden. Deshalb gilt es, für solche politischen Mehrheiten zu kämpfen und notfalls dafür aus der Opposition heraus zu werben. Es bleibt ein weiter Weg, eine Welt ohne Rüstung und ohne Rüstungsexporte zu schaffen.
Bezüglich der Innenpolitik der Türkei und der laufenden bzw. ins Stocken geratenen Reformen haben wir einen menschenrechtsbasierten Ausgangspunkt. Der einzige Weg, diese Gewaltausbrüche zu verhindern, ist eine weitergehende Demokratisierung des Landes, die Anerkennung der kurdischen Frage und die rechtsstaatliche Gleichstellung aller Minderheiten in der Türkei. Dafür werben wir bei allen politischen Gesprächen und Debatten.
Mit freundlichen Grüßen
Das Büro-Team von Claudia Roth