Frage an Claudia Roth von Achim L. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Roth,
gestern habe ich mich wieder mit jemanden unterhalten, der in Afghanistan als Offizier gedient hat. Er hat mir mitgeteilt, dass die Medien extrem "gefiltert" werden und es vor Ort mit der Sicherheitslage ziemlich anderes aussieht, wie es uns hier in Deutschland vorgegaukelt wird. Weiterhin hat mir diese Person mitgeteilt, dass es die sogenannten Warlords mit iher Technik mit jeder anderen Armee aufnehmen kann. Die Deutschen bilden Polizisten aus und das erste was passiert ist, dass diese "Polizisten" direkt von den Warlords angeworben werden, da diese besser bezahlen als der Staat Afghanistan. Und da wollen Sie noch mehr "Polizisten" ausbilden.
Und nun meine Frage: Woher beziehen eigentlich die Abgeordneten Ihre Informationen über die Lage in Afghanistan? Sind das "gefilterte" Informationen aus dem Verteidigungsministerium oder haben Sie auch Möglichkeiten mit Soldaten auch ohne Aufsicht zu sprechen?
Wenn Sie das können, verstehe ich die Politiker immer weniger, warum deutsche Soldaten am Hindukusch geopfert werden. Wegen unserer Freiheit und Sicherheit jedenfalls nicht.
Sehr geehrter Herr Lürken,
die Abgeordneten des Bundestages können sich neben den üblichen Möglichkeiten über die Medien auch bei Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern, Gesprächen mit Soldaten vor Ort, Gesprächen mit Vertretern der afghanischen Regierung und der Zivilgesellschaft und ebenso Gesprächen mit Vertretern von Hilfsorganisationen informieren. Hinzu kommt die Möglichkeit, von der Bundesregierung offiziell durch schriftliche Anfragen und Fragestunden sowie im Rahmen der Ausschusssitzungen im Bundestag informiert zu werden. Sie können sicher sein, dass auch sehr kritische Stimmen die Abgeordneten erreichen.
Sie haben sich mit einem Offizier unterhalten, der auch nur seine persönliche, nicht repräsentative Sichtweise geäußert hat. Sie können davon ausgehen, dass sich die im Auswärtigen Ausschuss sitzenden Abgeordneten mit sehr vielen Menschen aus unterschiedlichen Zusammenhängen unterhalten und einen kritischen Blick auf die gesamte Berichterstattung in den Medien haben. Die Fülle an Informationen und die manchmal widersprüchlichen Erfahrungen und Wahrnehmungen trägen nicht dazu bei, die Entscheidung der Abgeordneten in der Frage des Einsatzes in Afghanistan zu erleichtern.
Warum die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für die Fortsetzung des Einsatzes in Afghanistan ist, haben wir bei älteren Fragen mehrfach erläutert: Sie haben sicherlich verfolgt, dass die Grünen in den vergangenen Monaten intensiv über "Afghanistan" diskutiert haben. Keine andere Partei hat es gewagt, das Für und Wider eines militärischen Einsatzes in Afghanistan auf einem Parteitag öffentlich zur Abstimmung zu stellen. Dass wir dies als Oppositionspartei getan haben, zeigt, dass wir an einer differenzierten und verantwortungsbewussten Politik interessiert sind. Die Grünen haben unmissverständlich festgestellt: dass ein Abzug der Sicherheitsunterstützung durch ISAF und die Bundeswehr für uns derzeit keine verantwortbare Option ist, dass die Bundesregierung mit ihrem Festhalten an der Operation Enduring Freedom einen falschen Kurs verfolgt und mit den Tornados einen falschen Schwerpunkt setzt, und dass der zivile und polizeiliche Aufbauprozess, der den Kern des deutschen und internationalen Engagements ausmachen müsste, sträflichst vernachlässigt wird. In der Summe wird durch die Politik der Bundesregierung eine erfolgreiche Stabilisierung eher gefährdet.
Mit freundlichen Grüßen
Das Büro-Team von Claudia Roth