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Claudia Roth
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Frage von Horst B. •

Frage an Claudia Roth von Horst B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Roth,

Sie machen seit 20 Jahren Türkeipolitik, das sind viele Jahre intensiver Beschäftigung mit diesem Land, welches so voller interessanter Konflikte ist, die bis in unsere aktuelle Tagespolitik Einfluss haben.

In der aktuellen Pressemitteilung auf Ihrer Homepage schreiben Sie:

Zitat
Die Türkische Gemeinde in Deutschland will gemeinsam mit den Grünen verstärkt für eine gewaltfreie Erziehung in Familien mit Migrationshintergrund eintreten. Die geplante Kampagne richte sich in deutscher und türkischer Sprache unter anderem in türkischen Sendern gegen Gewalt in der Erziehung, sagten Grünen-Chefin Claudia Roth und der Bundesvorsitzende der Gemeinde, Kenan Kolat, am Montag in Berlin.
Zitat

Eine vergleichbare Aufforderung an die Eltern von MigrantInnen aus z.B. Polen, Vietnam, Indien, China, Japan, Portugal, Italien oder Griechenland kann ich nicht auf Ihrer Homepage entdecken.

Daher meine Frage:

Sind Sie nicht auch der Meinung, dass Sie mit dieser Pressemitteilung alle MigrantInnen aus der Türkei unter den Generalverdacht der Gewalttätigkeit stellen?

Viele Grüße,

Horst Brede

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Brede,

die angekündigte Kampagne der Türkischen Gemeinde in Deutschland ist eine von vielen Kampagnen, die in der Vergangenheit von verschiedenen Nichtregierungs- und Kinderrechtsorganisationen oder auch von den Medien deutschlandweit oder in manchen Bundesländern durchgeführt worden sind. Sie sollen je nach Aufgabenstellung spezifische Probleme wie umweltschonendes Verhalten, Verbraucherrechte, Gewalt in der Ehe und Respektierung der Selbstbestimmungsrechte der Frauen, Akzeptanz für die Rechte von Kindern oder die Rechte von Schwulen und Lesben ansprechen und für eine Sensibilisierung in der Gesellschaft sorgen. Es ist immer die Entscheidung der Initiatoren, ob und welche Politiker als Unterstützer gewonnen werden. Die türkeistämmigen Einwanderer stellen die größte Gruppe unter Deutschlands neuen Inländern. Entsprechend stark und kampagnenfähig sind ihre Verbände.

Mit der Kampagne kommt kein Generalverdacht der Gewalttätigkeit unter den türkeistämmigen Einwanderern zum Ausdruck. Genauso stellte eine bundesweite Kampagne gegen Vergewaltigung in der Ehe nicht alle Bundesbürger unter Generalverdacht, Vergewaltiger zu sein. Die Türkische Gemeinde in Deutschland ist offensichtlich und zu Recht bemüht, manche Defizite in der Erziehung und die Rolle der Gewalt in den türkeistämmigen Familien zu thematisieren und die Ergreifung von Maßnahmen dagegen zu fordern. Dies entlastet die Politik und die Mehrheitsgesellschaft nicht von ihren Pflichten, eine umfassende Integration mit besseren Bildungschancen, einen besseren und nichtdiskriminierenden Arbeitsmarktzugang und eine nachhaltige Aufklärungsarbeit zu verwirklichen.

Mit freundlichen Grüßen

Das Büro-Team von Claudia Roth

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