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Claudia Roth
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Frage von Ralph A. •

Frage an Claudia Roth von Ralph A. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Roth,

Seit der Regierung Schröder und Merkel nimmt die Kluft zwischen Arm und Reich rapide zu. Chancengleichheit in Bildung und soziokulturelle Integration sind für Millionen Deutsche und MigrantInnen nicht mehr erfüllbar. Ich weiß, Agenda 2010 sah doch vor, ,,Gutes" für die Wirtschaft zu tun, um Arbeitsplätze zu schaffen. Doch sind diese Arbeitsplätze nicht der boomenden Wirtschaft zu verdanken? Eine andere Agenda wäre die der hohen Besteuerung der Kapitalgesellschaften zum Zwecke des Staates und somit der Allgemeinheit.
Diese Agenda sozial der Linken halte ich nicht - trotz aller Kritik an der Linken - für unsinnig. Sie würde hohe Staatseinnahmen sichern und man könnte besser umverteilen.
Doch das wollen genau die Politiker von Union und FDP nicht. Deshalb meine ich: Wir brauchen 2009 eine neue Regierung! Liebe Frau Roth, wäre denn nicht eine Koalition Rot-rot-grün sinnvoll? Ich weiß, die Linke hat immer noch einen bitteren Beigeschmack, doch ich habe mich informiert und die PDS hat wirklich viel Aufarbeitungsarbeit geleistet und trägt auch im Berliner Senat Regierungsverantwortung. Meine dringliche Bitte an Sie, Frau Roth: Grüne und Linke überschneiden sich immer mehr in ihrem Profil. Streben Sie doch ein gutes Verhältnis zueinander an, denn eins ist gewiss: Die soziale Kraft kann nicht durch schwarz-gelb erfolgen, sondern nur durch rot-rot-grün!
Bitte nehmen Sie zu dieser These begründet Stellung!

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen,
Hr. Ralph Apfelbacher

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Sehr geehrter Herr Apfelbacher,

auch ich bin der Meinung, dass wir 2009 eine andere Regierung und einen Politikwechsel brauchen. Dafür werden wir Grünen kämpfen. Welche Koalitionen hierbei sinnvoll sind, kann sich abgesehen von Wahlergebnissen und Wählerauftrag aus der Programmatik und dem Personal der Parteien ergeben, die sich zur Wahl stellen. Grundsätzlich kann niemand ernsthafte Einwände erheben, wenn demokratisch verfasste Parteien miteinander koalieren wollen. In Koalitionen sollte es aber zuallererst um Inhalte gehen und nicht um Macht um bloßer Macht willen. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die die Partei Die Linke (PDL) verteufeln und sie nur auf ihre Vergangenheit reduzieren. Aber den bitteren Beigeschmack, den Sie im Zusammenhang mit der PDL erwähnen, empfinde ich nicht nur im Hinblick auf die Vergangenheit der Partei. Für die uns Grünen wichtigen Themen wie beispielsweise ökologische Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit, Umweltschutz, eine moderne Gesellschaftspolitik mit der Akzentuierung von Universalität der Menschenrechte und politischen Freiheits- und Bürgerrechte, eine eigenständige und glaubwürdige Frauen- und Gleichstellungspolitik gibt es keine tragfähige Basis und keine Substanz in der PDL. Sie hat in der Vergangenheit mangels eigener Ideen viele von uns erarbeitete Konzepte einfach abgeschrieben und in Resolutionen übernommen. Das freut uns natürlich. Da vermisse ich aber das Engagement und die politische Leidenschaft auf diesen uns wichtigen Politikfeldern. Die PDL hat sich zu einer Ein-Thema-Partei degradiert, die die Bekämpfung von Hartz IV in den Mittelpunkt ihrer Politik stellt und einen Gerechtigkeitsbegriff propagiert, der die Realitäten unserer modernen Gesellschaft ignoriert. Die Bilanz der Regierungsbeteiligungen der PDS und nun der PDL in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin ist auf den für uns Grünen wichtigen Politikfeldern enttäuschend. Für Koalitionen auf Bundesebene dienen sie ja nicht gerade als Vorbild. Hinzu kommt der maßlose und gefährliche Populismus von manchen Spitzenpolitikern der PDL wie Oskar Lafontaine.

Deshalb werden wir die Zeit bis zur Bundestagswahl 2009 und die laufenden Wahlkämpfe in Hessen, Niedersachsen und Bayern nutzen, um ausschließlich für grüne Politik zu werben. Ein auf Machtpolitik reduziertes Schielen auf mögliche Koalitionspartner schadet dem nur.

Mit freundlichen Grüßen

Claudia Roth

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