Frage an Claudia Roth von Frauke W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Roth,
Sie sind bekannt als leidenschaftliche Verfechterin der Menschenrechte. Warum hört man von Ihnen nichts zu dem Fall Marco W.? Was mit diesem schon jetzt gebrochenen Jugendlichen gemacht wird ist skandalöses Unrecht und grenzt an psychische Folter. Trotz entlastender medizinischer Gutachten, trotz deutlicher physischer und psychischer Angeschlagenheit hält man den bisher unbescholtenen 17 jährigen Jungen durch die Verzögerungstaktik der Gegenseite bereits seit über 6 Monaten in Untersuchungshaft. Seine Schuld ist bisher nicht bewiesen.
Mit Ihren guten Kontakten zu türkischen Politikern wäre es doch vielleicht möglich, wenigstens eine Haftverschonung für den Jungen zu erreichen.
Mit freundlichen und hoffnungsvollen Grüßen
Frauke Wendel
Sehr geehrte Frau Wendel,
die Familie und Anwälte von Marco W. haben vor kurzem darauf hingewiesen, dass politische Scharfmacher und Einmischungsversuche von Politik Marco geschadet und seine Untersuchungshaft möglicherweise sogar verlängert haben. Eine solche Äußerung gilt es ernst zu nehmen.
Die Erwartung, die Unabhängigkeit der Richter durch gute Kontakte zu türkischen Politikern beeinflussen zu können, ignoriert rechtsstaatliche Grundsätze und verkennt die Realitäten.
Kurz nach dem Bekanntwerden des Falls, als deutlich wurde, wie kontraproduktiv das Verhalten von Politikern wie Volker Kauder und anderen ist, hatte ich folgendes erklärt:
"Es ist gut, dass es in der Türkei Gesetze gibt, die Mädchen und Frauen vor sexueller Gewalt schützen und die Justiz entsprechend handelt. Das ist ein wichtiges - auch auf Druck der EU erreichtes - Stück Rechtsstaatlichkeit. Zu kritisieren sind die Haftbedingungen in der Türkei, da muss sich noch vieles verbessern.
Marco W. sollte so schnell wie möglich aus der Haft entlassen werden, sei es durch Kaution oder Überstellung nach Deutschland. Dafür muss die Bundesregierung ruhig und mit diplomatischem Fingerspitzengefühl eintreten. Falls er die ihm zu Last gelegte Tat begangen hat, sollte er dafür nach Recht und Gesetz und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zur Verantwortung gezogen werden.
Großen Schaden richten Politiker wie Volker Kauder an, die diesen Fall mit dem EU-Beitritt der Türkei vermischen. Das ist sachlich falsch, es schadet Marco W. und provoziert viele in der Türkei – auch und gerade Menschen, die für mehr Rechtsstaatlichkeit kämpfen."
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Roth
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