Frage an Claudia Roth von Markus S. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Roth,
kürzlich habe ich gelesen dass Sie Bischof Mixa aufgrund Seiner Wortwahl bei einer Rede heftig kritisiert haben. Auf Bischof Mixas aktuelle Warnung, familienpolitische Maßnahmen nicht als staatliches Umerziehungsprogramm für Frauen und Mütter zu missbrauchen, reagieren Sie so:
"Wenn Bischof Mixa von einem Umerziehungsprogramm’ redet, dann spielt er mit der sprachlichen Nähe zu Verbrechen von Gulag bis Pol Pot." Weiterhin sprechen Sie von häufigen „sprachlichen Entgleisungen“ rechtskonservativer Bischöfe“ (Quelle: http://www.kath.net/detail.php?id=17906 ).
Glauben Sie ernsthalft, dass Bischof Mixa diese völlig verschiedenen Vorgänge absichtlich auch in einen inhaltlichen Zusammenhang bringen wollte? Finden Sie nicht auch, dass die individualspezifische Intention, die zunächst nur dem Sprecher bekannt ist, stärker beachtet werden muss?
Ich fände es hilfreicher, die gesamte Rede des Bischofs zu lesen und nachzufragen, welche Absichten und Zielsetzungen hinter den Äußerungen stehen, um dann anschließend zu versuchen, die Dinge aus seiner Sicht zu sehen. Daran anschließend wäre eine fruchtbare inhaltliche Diskussion denkbar.
Ich vermute jedoch, dass Sie an einer inhaltlichen Diskussion gar nicht interessiert sind. Liege ich richtig mit meiner Vermutung, dass Sie diese Kritik wider besseres Wissen in der Absicht üben, um eine inhaltliche Diskussion zu torpedieren und die kirchlichen Vertreter in Misskredit zu bringen, um deren Einfluss abzuschwächen ?
Wenn Ihnen die Wortwahl von Rednern so wichtig ist, warum haben Sie dann Herrn Erdogan zu seiner Wahl gratuliert, von dem der Satz überliefert ist: "Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten." (Quelle: http://www.euronews.net/index.php?page=info&article=434421&lng=3 )
Ich denke, Sie messen hier mit zweierlei Maß!
MfG Markus Schindler
Sehr geehrter Herr Schindler,
bevor ich Ihnen auf Ihre Anschuldigungen eingehe, sollten wir uns noch mal anschauen, was ich zu Mixas Äußerungen am 04.10.2007 gesagt habe:
"Wenn Mixa mit Blick auf die dringend nötige Verbesserung des Krippenangebots von einem „Umerziehungsprogramm“ redet, dann spielt er mit der sprachlichen Nähe zu Verbrechen von Gulag bis Pol Pot. Er verhöhnt Menschen, die Opfer von schlimmen Untaten wurden und diskreditiert das Engagement für bessere Kinderbetreuung auf absolut unerträgliche Weise. Mixas Worte können so nicht stehen bleiben, sie sind eine Beleidigung für liebende Eltern und engagierte ErzieherInnen, die das Beste für die Zukunft der Kinder wollen. Der Bischof muss sich entschuldigen. Mit seinen weltfremden und ausgrenzenden Thesen stellt sich Bischof Mixa so weit ins Abseits, dass man sich nicht wundern muss, dass immer mehr Menschen der katholischen Kirche in Deutschland den Rücken kehren.“
Sie sehen, dass meine Kritik an den Äußerungen des Augsburger Bischofs, inhaltlich, konkret und öffentlich ist. Der Inhalt dieser Kritik ist substanziell und in der Sache gut begründet. Wir brauchen in Deutschland ein verbessertes Krippenangebot. In Ihrem Statement aber agieren Sie mit einer Verzerrung, indem Sie Bischof Mixa mit der Kirche gleich setzen. In der Kirche gibt es sehr wohl andere Positionen in familienpolitischen Fragen als von Bischof Mixa vertreten. Dass Bischof Mixa versucht, die Kirche durch seine extremistischen Äußerungen unter Druck zu setzen, ist allzu durchsichtig und deshalb kritikwürdig. So gesehen liegen Sie mit Ihrer Vermutung völlig falsch.
Erdogan und seine Partei zum Wahlsieg zu gratulieren, ist eine gute demokratische Gepflogenheit und hinsichtlich seiner Regierungspolitik, verbunden mit der Hoffnung auf die Fortsetzung des Reformprozesses, absolut richtig. Beim türkischen Reformprozess begleite ich Erdogans Politik kritisch-solidarisch. Sollte Bischof Mixa neue Töne in den Fragen zur Kinder- und Familienpolitik einschlagen, würde ich ihm als erste zu diesem Wandel gratulieren.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Roth