Frage an Claudia Roth von Roman C. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Roth,
wie verhalten sich die Grünen zum Versuch der Bundesregierung, einen Straftatbestand des Besitzes von Jugendpornographie einzuführen? Mir scheint das ein sexuell sehr verklemmtes Unterfangen zu sein, das nur Schaden anrichten wird. Der Begriff der sexuellen Ausbeutung ist sehr schwammig. Wann ist Sex Spaß und wann ist er Ausbeutung? Bei der schwulen Pornofirma CazzoFilms hatten sich viele Jugendliche freiwillig und aus Spaß an der Sache als Pornodarsteller beworben, wie man seinerzeit im Schwulen Museum nachlesen konnte.
Mit freundlichem Gruß
Roman
Sehr geehrter Herr Czyborra,
die Bundesrepublik Deutschland verfügt über ein bewährtes, nach dem Alter von Kindern und Jugendlichen gestuftes Schutzkonzept im Sexualstrafrecht. Dieses stellt einerseits eine Balance zwischen dem berechtigten Schutzinteresse eines Kindes vor sexuellen Handlungen her, und andererseits dem Recht Jugendlicher, mit zunehmender Fähigkeit zu sexueller Selbstbestimmung diese auch frei, selbstbestimmt und ohne Kriminalisierungsgefahr wahrnehmen zu können.
Mit dem Regierungsentwurf zum "Schutz vor sexueller Ausbeutung Minderjähriger und Kinderpornografie", mit dem ein EU-Rahmenbeschluss umgesetzt werden soll und auf den Sie in Ihrer Anfrage Bezug nehmen, wird in dieses ausbalancierte System nach dem Rasenmäher-Prinzip eingegriffen, indem das Schutzalter pauschal auf 18 Jahre hochgesetzt werden soll.
Ich unterstütze die Intention des Gesetzes, Kinder besser vor sexueller Ausbeutung zu schützen, uneingeschränkt. Es ist jedoch fraglich, ob dies mit dem vorliegenden Gesetz auch tatsächlich gelingen kann. So sieht das Gesetz u. a. vor, das Schutzalter für die Darstellung in pornografischen Schriften von 14 auf 18 Jahre anzuheben. Diese unterschiedslose Gleichbehandlung 5-jähriger Kinder mit 17-jährigen Jugendlichen in den Schutzvorschriften erscheint kaum sachgerecht und ist wohl auch in einer Anhörung des Rechtsausschusses im Bundestag zu diesem Thema als größte Schwachstelle des Gesetzes bezeichnet worden. Es kann zu absurden Situationen im Alltag und in der Praxis führen, wenn 17-jährige Jugendliche wegen "Besitzes jugendpornografischer Schriften" strafrechtlich verfolgt und kriminalisiert werden, nur weil sie ein aufreizendes Foto von Gleichaltrigen auf dem Schreibtisch liegen haben. Nach meinem Dafürhalten schießen die Vorschläge der Regierung hier über das Ziel hinaus und bedürfen der Nachbesserung. Dafür und in diesem Sinne werden wir Grünen uns im Verlauf der weiteren parlamentarischen Diskussion auch einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Roth