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Claudia Roth
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Frage von Bernd P. •

Frage an Claudia Roth von Bernd P. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Claudia Roth,

ich bin begeistert von Ihrer PM Nr. 241/07 vom 12.09.2007 , hätte da aber noch einige Fragen.

1)Wie treten Sie persönlich dafür ein, dass es keine Mittelkürzungen bei der Polizei gibt? Leider sind mir derartige Aktivitäten Ihrerseits bisher nicht aufgefallen, deshalb frage ich nach.
2)Warum ist für Sie das Anlegen eines Konvertitenregisters unverantwortlich und vor allem wem gegenüber? Den Konvertiten oder den Bürgern, die ihr heiliges Buch streng auslegen und möglichst viel Ungläubige umbringen wollen?
3)Inwieweit wird ein Generalverdacht gegen Konvertiten geschürt? Ist Ihnen bekannt, dass Konvertierte zum Christentum, Buddismus oder zum Hinduismus weltweit Anschläge geplant und durchgeführt haben? Falls Sie über entsprechende Erkenntnisse verfügen, würden Sie die bitte mitteilen?

4)Da Sie den Herrn Bischof Mixa und seine Anhänger erwähnen, würden Sie mir erklären wieso? Sind Ihnen Aktivitäten des Bischofs bekannt, in denen er zu Gewalt zu Nichtchristen aufruft, sie als Tiere bezeichnet oder sie sonst herabsetzt? Verbietet er vielleicht den Umgang mit Andersgläubigen oder Nichtgläubigen? Hat er vor, die freiheitlich-demokratische Grundordnung abzuschaffen? Ist er dabei, die Inquisition in das deutsche Gerichtswesen einzuführen, plant er einen Terrorkrieg gegen Nichtchristen? Fordert er Christen auf, ihre Kinder und Frauen zu züchtigen? Propagiert er die Überlegenheit der Christen gegenüber Anders- oder Nichtgläubigen? Werden in seiner Kirche Menschen für einen Heiligen Krieg vorbereitet?

5)Was genau schwebt Ihnen vor, wenn den Begriff seriöse Gefahrenabschätzung benutzen? Wie treten Sie dafür ein, dass die bestehenden Gesetze wirksam angewendet werden und was verstehen Sie eigentlich unter wirksam?

Vielen Dank für Ihre Hilfe und freundliche Grüße

Bernd Palme

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Palme,

die Pressemitteilung vom 12.09.07 hat Frau Roth in ihrer Funktion als Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen gemacht. In der Pressemitteilung heißt es:

„Jede Woche schießt eine unseriöse und populistische Innenpolitik eine neue Überwachungsfantasie in die mediale Umlaufbahn. Gleichzeitig wird die Arbeit der Polizei durch Kürzungen in den Ländern erschwert. Auch die neuesten Vorschläge von Schäuble, Beckstein und anderen zu einem Konvertitenregister sind Teil einer unverantwortlichen Politik der Panikmache und der Scheinsicherheit. Sie schüren einen verfassungswidrigen Generalverdacht gegen Menschen, die ihre Religion verändern.

Das Grundgesetz legt fest, dass die Religion Sache jedes und jeder Einzelnen ist und den Staat nichts angeht. Es will aus guten Gründen keine Religionspolizei, die die religiösen Überzeugungen der Bürgerinnen und Bürger ausspitzelt – weder bei Moslems noch bei Christen noch bei sonst einer Glaubensgemeinschaft – auch nicht beim ultrakonservativen Bischof Mixa und seinen Anhängern.

Statt Scheinsicherheit und immer neuer verfassungswidriger Vorschläge brauchen wir eine seriöse Gefahrenabschätzung und wirksame Anwendung der bestehenden Gesetze und der polizeilichen Mittel gegen Gewalttäter und Terroristen. Wir treten für Sicherheit ein, aber - im Unterschied zur Union - für eine rechtstaatliche Sicherheit, die auch die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger sichert.“

Nur mittelbar hat das etwas mit der Abgeordnetentätigkeit zu tun. Auf diesen Punkt weise ich deshalb hin, weil sie im Auswärtigen Ausschuss und nicht im Innenausschuss oder im Rechtsausschuss sitzt, die unmittelbar mit der Innenpolitik auf der parlamentarischen Ebene betraut sind. Die Forderungen und Feststellungen in der Pressemitteilung beschreiben die Politik, die unsere Parteigliederungen zum Beispiel auf der Länderebene umsetzen wollen. Dazu gehört die Stärkung der Polizei, personell wie technisch. Bei den Haushaltsdebatten in den Landtagen setzen sich die grünen Fraktionen in diesem Sinne und gegen Mittelkürzungen bei der Polizei ein. Auf der Bundesebene kritisieren die Grünen die Bundesbehörden wegen der nicht abgerufenen Mittel im Haushalt, weil diese Behörden offensichtlich selber kein Konzept haben, wie die Polizei gestärkt werden soll, obwohl die Mittel in den Haushaltsberatungen positiv bewertet und dementsprechend beschlossen worden sind.

Die Frage nach einem Konvertitenregister ist bereits in der Pressemitteilung ausschöpfend beantwortet worden. Auch die eifrigen Forderer eines wie auch immer gearteten Registers haben nach vielfältigen Bedenken und Kritik aus allen Seiten einen grandiosen Rückzieher und somit Ihre Einschätzungen obsolet gemacht.

Zu Bischof Mixa hatte Frau Roth in einer Pressemitteilung vom 30.07.07 folgendes gesagt:

„Wenn Bischof Mixa der Bundesrepublik empfiehlt, die Religionsfreiheit für Muslime einzuschränken, weil sie auch in islamischen Staaten eingeschränkt wird, dann zeigt sich einmal mehr, wie wenig der Augsburger Oberhirte vom Grundgesetz und vom modernen Rechtsstaat hält und wie sehr er noch im Mittelalter feststeckt.

Welcher Teufel muss den Bischof eigentlich geritten haben, wenn er das Handeln von Theokratien und Willkürstaaten auch nur entfernt als Richtmaß für die Bundesrepublik ansehen kann? Die Werte und Grundrechte unserer Verfassung dürfen nicht zu Geiseln von Feinden der Freiheit und der Demokratie werden, die erst dann gewährt werden, wenn es irgendwelchen Despoten irgendwo auf der Welt genehm ist. Die Bundesrepublik wird sich nicht in den Kampf der Kulturen und Religionen treiben lassen, von dem Mixa und seine ultrakonservativen Münchner Freunde träumen, die heute wieder unter dem Kreuzritterslogan von 1096 ,Gott will es’ antreten. Die Bundesrepublik muss sich vielmehr fragen, ob ein Mann wie Mixa noch Militärbischof in einer Armee sein kann, die gerade keine mittelalterliche Kreuzritterarmee ist, sondern eine moderne, dem Grundgesetz und dem freiheitlichen Rechtsstaat verpflichtete Armee.“

An dieser Kritik ist nichts zurück zu nehmen. Denn Bischof Mixa und seine Freunde bei „Deus lo vult“ stellen die Werte unserer Verfassung in Frage.

Eine seriöse Gefahrenabschätzung bedeutet, dass man auf der Basis der gewonnen Informationen agiert, keine Panik schürt und nicht jeden Tag eine neue Sau durch die mediale Welt treibt. Denn die meisten Verschärfungsvorschläge der Innenminister bleiben einer überzeugenden und belastbaren Begründung schuldig. Die Anwendung von Gesetzen ist dann wirksam, wenn sie bei Bedarf zum Tragen kommen und nicht auf dem Papier stehen, um nach einer gescheiterten Polit-Inszenierung festzustellen, das ganze Gerede ist umsonst gewesen, die Gesetze sind längst vorhanden.

Mit freundlichen Grüßen

Ali Mahdjoubi
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

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