Portrait von Claudia Roth
Claudia Roth
Bündnis 90/Die Grünen
0 %
/ 71 Fragen beantwortet
Frage von Michel K. •

Frage an Claudia Roth von Michel K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Roth,

Sie engagieren sich ja sehr stark Immigration nach Deutschland zu bringen und wenn ich mich recht erinnere berufen sich auf Artikel 1 des Grundgesetzes.

Hier meine Fragen:

1. Meine erste Frage ist etwas kontrovers. Kann ein Land auch zu viele Immigranten haben?
2. Es wird immer von "Kultureller Bereicherung" gesprochen. Ich bin vor 20 Jahren geboren worden, aber woran merkt man, dass man kulturell bereichert wird? Wie macht sich diese kulturelle Bereichung bemerkbar? Scheint an mir vorbei gegangen zu sein.
3. Zum Begriff Multi-Kulturalismus: Wenn von Multi-Kulti gesprochen wird, beinhaltet das die Deutsche Kultur oder spielte diese keine Rolle?
4. Was halten Sie davon die Europäische Union in eine Meditterane Union zu vergrößern?
5. Wenn ihnen jemand unterstellen würde, Sie würden mit ihrer Arbeit gegen den Willen des Deutschen Volks handeln. Wie würden Sie darauf kontern.
6. Joschka Fischer soll mal gesagt haben: "Deutschland muß von außen eingehegt, und innen durch Zustrom heterogenisiert, quasi verdünnt werden." (Die Welt 7. Feb 2005) Ich verstehe diesen Satz nicht. Bedeutet das nicht das ein deutsches Deutschland kein Exsistenzrecht hat?

Die letzte Frage passt eigentlich nicht zum Rest, ich würde Sie aber trotzdem gerne stellen.

7. Ich hab mal davon gehört das Sie gesagt haben das "Familie keine Wert hat". Ich da gegenteiliger Meinung. Wie kommen Sie auf so eine Meinung.

Wäre toll wie Sie mir (selbst) antworten könnten.

Beste Grüße
Michel Krevzel

Portrait von Claudia Roth
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Krevzel,

haben Sie vielen Dank für Ihr Interesse an politischen Themen. Im Auftrag von Frau Roth möchte ich auf Ihre Fragen im Einzelnen eingehen und Ihnen antworten.

Was Sie mit dem Satz „Immigration nach Deutschland bringen“ meinen, ist schwierig zu verstehen. Vielleicht wollen Sie damit sagen, dass Frau Roth sich für eine geregelte Einwanderung in die Bundesrepublik Deutschland einsetzt. Dann hätten Sie zumindest die Richtung richtig angesprochen, bei einer ziemlich unpräzisen Wiedergabe. Deutschland ist seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland. Es braucht aber offensichtlich, auch laut neusten Studien im Auftrag des Wirtschaftsministers Glos, weiterhin viele Einwanderer, die nach Ansicht von Frau Roth im Rahmen einer transparent gestalteten Einwanderungspolitik nach Deutschland kommen sollen. Hierbei beruft sich niemand auf Artikel eins des Grundgesetzes. Der Artikel eins besagt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Diesen Satz nimmt Frau Roth ernst und vertritt die Meinung, dass dieser Satz jeden Menschen in Deutschland mit einbezieht, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion, sexueller Orientierung usw. Jedes Land kann selber bestimmen, wie viele Einwanderer es braucht und nach welchen Kriterien sie kommen sollen. Eine geregelte Einwanderung kann unterschiedliche Gründe haben, zum Beispiel demografische oder arbeitsmarktpolitische Gründe. Abgesehen von Einwanderern in diesem Sinne gibt es eine humanitäre Verpflichtung der Staaten, Flüchtlinge oder Schutzbedürftige Personen im Rahmen der international übernommenen Verantwortung aufzunehmen und ihnen Schutz zu gewähren. Vielleicht ist es Ihnen nicht bekannt, dass die meisten Flüchtlinge auf der Welt in den ärmeren Ländern aufgenommen und untergebracht worden sind. Nur ein kleiner Anteil der sich weltweit auf der Flucht befindenden Menschen erreicht Europa bzw. Deutschland.
Kulturelle Bereicherung ist an sich kein Motiv für Einwanderung. Denn der kulturelle Reichtum kann sehr individuell wahrgenommen werden. Dass Sie hier keine kulturelle Bereicherung sehen oder empfinden, kann nur persönliche Gründe haben. Bereicherung und Vielfalt im kulturellen Leben sind die logischen Folgen von Zuwanderung, Weltoffenheit und der Globalisierung von Kommunikation.
Eine multikulturelle Gesellschaft ist eine Gesellschaft mit mehreren Kulturen, Sprachen und Religionen, die sich als eine Realität darstellt und kein Hirngespinst von Fanatikern ist. Die Multikulturalität bei uns kann weder ignoriert noch sich selbst überlassen werden. Wir stehen in der Pflicht, diese Vielfalt demokratisch zu gestalten. Dies ist eine große Herausforderung für alle politischen Parteien und Organisationen. Natürlich ist die deutsche Sprache die Verständigungs- und Verkehrsprache Nummer eins in Deutschland. Das wird sie auch auf lange Sicht bleiben.

Eine „Meditterane Union“, wie Sie sie nennen, ist mir nicht bekannt, ebenso wenig eine Debatte darüber. Die EU führt mit allen Anrainerstaaten des Mittelmeers Gespräche und Verhandlungen für eine stärkere regionale Kooperation und Vertiefung der Beziehungen im Rahmen des EU-Nachbarschaftsprogramms.
Sie fragen, wie man auf eine Unterstellung reagieren kann.
Unterstellungen sind eben Unterstellungen. Sie werden nicht besser, wenn sie wiederholt werden. Die Antwort auf alle Unterstellungen in Bezug auf die politischen Aktivitäten von Frau Roth ist einfach: Sie agiert in höchster Transparenz, besteht darauf, alles auf dem Boden des Grundgesetzes anzugehen und zu tun. Auch die parlamentarische Arbeit von Frau Roth und der Fraktion der Grünen spricht für sich. Mir sind keine ernst zu nehmenden Personen oder Parteien bekannt, die das anders sehen würden.

Die von Ihnen gebrachten Zitate sind niemandem hier im Büro nicht bekannt. Ich kann mir vorstellen, dass diese Sätze Kommentaren entnommen worden sind, deren Verfasser die eigenen Vermutungen und Behauptungen zur Grundlage ihrer Auslegung nehmen. Zur Familienpolitik können Sie Interessantes und Wegweisendes auf der Homepage der grünen Bundestagsfraktion und auf der Homepage der Partei Bündnis 90/Die Grünen lesen, anstelle sich etwas von Dritten dazu sagen zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Ali Mahdjoubi
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Claudia Roth
Claudia Roth
Bündnis 90/Die Grünen