Portrait von Claudia Roth
Claudia Roth
Bündnis 90/Die Grünen
0 %
/ 71 Fragen beantwortet
Frage von Alexander H. •

Frage an Claudia Roth von Alexander H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Frau Roth,

meine Frage richtet sich an das Thema "Rente mit 67"

Warum können Staatsbedienste bei der Bundeswehr oder bei der Bundespolizei teilweise bereits mit 54 Jahren in Rente/Pension gehen, während dessen alle anderen bis 67 arbeiten müssen?

Oft wird mit der besonderen Belastung argumentiert, die solche Personengruppen ausgesetzt sind. Meiner Meinung nach gibt es sicher Soldaten und Bundespolizisten, die eine große Belastung durch ihren Dienst erfahren müssen, aber nicht alle. Viele sitzen auch zeitlebens an einem Schreibtisch, ohne besonderen Belastungen ausgesetzt zu sein. Aber auch diese Menschen kommen in den Genuss der vorzeitigen Rente/Pension mit vollen Bezügen.

Gerade in Hinblick auf die Landespolizisten, die alle bis 67 Jahre arbeiten müssen, erscheint mir die Bevorzugung von Soldaten und Bundespolizisten für nicht akzeptabel.

Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Portrait von Claudia Roth
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Harksen,

um Ihre Fragen beantworten zu können, mussten wir viele andere Stellen um Informationen bitten, die sich inhaltlich mit dieser Thematik auseinander setzen. Mit Dank für Ihr Interesse hat mich Frau Roth gebeten, Ihnen zu antworten. Diese Antwort kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben, denn diese Fragen sollten eigentlich an die Regierung gestellt werden. Die Regelungen, die Pensionen in der Bundeswehr, der Bundespolizei und Landespolizeien betreffen, haben zwar einige Ähnlichkeiten, sind aber schon unterschiedlich.

Es ist klar, dass ein 50-jähriger Soldat nicht mehr so leistungsfähig ist, wie ein 25-jähriger. Aber ein 50-jähriger oder auch ein 67-jähriger Soldat kann Fähigkeiten haben, die bei einem 25-jährigem noch nicht vorhanden sind. Es kommt immer darauf an, wofür ein Soldat eingesetzt wird und welche Qualifikationen er mitbringt.

Die Problematik der Frühpensionierung hängt also damit zusammen, dass Berufssoldaten und Beamte eine Beschäftigungsgarantie bzw. einen quasi unkündbaren oder zumindest sehr langfristigen Arbeitsvertrag haben. Berufssoldaten oder Beamten kann nach geltendem Recht nicht einfach gekündigt werden. Sie können auch nicht ohne Rücksicht auf ihre Qualifikation und Leistungsfähigkeit überall eingesetzt werden. Das mag bei einem Pförtner gehen, bei einem Amtsrichter oder einem Piloten eines Kampfjets wird das schon schwieriger. Einige Kampfpiloten können nach ihrer fliegerischen Laufbahn Führungsfunktionen bei der Luftwaffe wahrnehmen. Aber nicht alle sind dafür geeignet und es gibt nicht für jeden einen Platz. Dies gilt vor allem dann, wenn die Beförderungsmaßnahmen oder neue Einsatzmöglichkeiten zum Beispiel durch die Verkleinerung der Bundeswehr weiter begrenzt werden. Um den Apparat qualitativ auf bestmöglichem Niveau am Laufen zu halten, muss aber ein geeigneter Nachwuchs über Ausbildung, Personalförderung und Beförderung herangebildet werden. Das heißt, dass entsprechende Stellen frei sein müssen. Deshalb kommt es dazu, dass zum Beispiel ein Teil der Berufssoldaten eine vergleichsweise niedrige Pensionsgrenze hat. Dagegen ist im Prinzip auch nichts einzuwenden. Die Schlüsselfrage ist, wie hoch die angemessenen Pensionsbezüge sein müssen. Denn in der Tat gibt es viele Berufssoldaten, die in der Bundeswehr eine erstklassige Qualifikation erworben haben, die auch im zivilen Bereich der Wirtschaft oder dem Staat dauerhaft oder zeitweise von Nutzen sein können. Was die Bundespolizisten anbelangt, möchte ich Sie zunächst auf zwei Tatbestände aufmerksam machen:

- Das durchschnittliche Ruhestandsalter von Bundesbeamten ist laut Versorgungsbericht der Bundesregierung mit 61 Jahren höher als das durchschnittliche Renteneintrittsalter im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung (60,4 Jahre).
- Landespolizeibeamte müssen keineswegs bis 67 Jahre arbeiten. Ganz im Gegenteil: Die Altersgrenze beträgt je nach Bundesland 60 bis 63 Jahre. Die Altersgrenze ist im jeweiligen Landesbeamtengesetz geregelt. In Rheinland-Pfalz beträgt zum Beispiel die Altersgrenze für den höheren Dienst 63 Jahre. Im Land Berlin ist die Altersgrenze für den mittleren Dienst 61 Jahre, für den gehobenen Dienst 62 Jahre und für den höheren Dienst 63 Jahre. Für Bundespolizisten ist das Ruhestandseintrittsalter die Vollendung des 60. Lebensjahres.

In einem Punkt haben Sie Recht. Für den Bereich der Bundespolizei sollte ähnlich wie im Land Berlin eine Differenzierung erfolgen nach der tatsächlich geleisteten Arbeit. Wer überwiegend Innendienst ausübt und so geringeren Belastungen ausgesetzt ist, sollte auch erst später Pension erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Ali Mahdjoubi
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Claudia Roth, MdB

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Claudia Roth
Claudia Roth
Bündnis 90/Die Grünen