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Claudia Roth
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Frage von Florian O. •

Frage an Claudia Roth von Florian O. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Roth,

in der heutigen Tagesschau haben Sie sich zum Thema Betreuungsgeld geäußert. Dabei kündigten Sie eine Klage Ihrer Fraktion gegen die Einführung des Geldes vor dem Bundesverfassungsgericht an, da es Ihrer Ansicht nach nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei.

Obwohl ich Ihre inhaltliche Kritik am Betreuungsgeld weitgehend teile, hat mich dieser Schritt doch einigermaßen überrascht. Auf Anhieb konnte ich mir leider nicht erklären, wieso das Betreuungsgeld – so falsch es in der Sache auch sein mag – gegen unsere Verfassung verstoßen sollte. Daher möchte ich Sie bitten, mir Ihre Argumentation juristisch genauer darzulegen. Auf welche Artikel des Grundgesetzes sowie welche zugehörige Kommentierung bzw. Verfassungsinterpretation beziehen Sie sich dabei konkret?

Ich hoffe, Sie werden meine Frage kompetent beantworten und mir nicht irgendwelche allgemeinen Argumente gegen das Betreuungsgeld nennen – die kenne ich zur Genüge! Allerdings ärgert es mich stets, wenn politische Debatten – die zumindest aus meiner aktuellen Perspektive heraus noch keinen Verfassungsrang haben – künstlich auf die Ebene einer Verfassungsdiskussion gehoben werden. Sowas ist in meinen Augen hoch populistisch, weshalb ich nur hoffen kann, dass Sie mir in Sachen Betreuungsgeld eine fundierte und überzeugende Begründung liefern können.

Herzlichen Dank vorab und grüß Gott aus München,
Florian Ott

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Ott,

Ihre Wahrnehmung, dass die Politik zu viele Fragen an die Justiz delegiert, trifft nicht zu. Wir haben nicht den Eindruck, dass die Fraktionen im Bundestag oder die Parteien einen übermäßigen Gebrauch vom Instrument der Klage beim Bundesverfassungsgericht machen würden. Das Problem ist aber, dass die aktuelle Bundesregierung viele höchstrichterliche Urteile nicht umsetzen will oder nicht in der Lage ist, sie umzusetzen, entweder weil sie sich selbst in vielen Politikfeldern blockiert oder aus inhaltlichen oder ideologischen Gründen nicht willens ist, die in der Debatte befindlichen Probleme anzugehen. Das verursacht einen gewissen Teufelskreis von Klagen und Rechtsprechungen, die berechtigterweise ärgerlich sind.

In der Debatte um das Betreuungsgeld war die Rede davon, die Möglichkeit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht zu prüfen. Das ist immer der erste Schritt, wenn einem eine Entscheidung in ihrer Substanz als verfassungswidrig erscheint. Zwei Gründe gab es für diese Überlegung: das Betreuungsgeld wurde mit dem Argument „Gewährung der Wahlfreiheit“ beschlossen, ohne aber eine echte Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung zu schaffen. Denn mit einem Betreuungsgeld würde der Staat in die Wahlfreiheit der Familien eingreifen, indem er das Fernbleiben aus der Kita einseitig finanziell belohnen und somit seine gebotene Neutralität verletzen würde. Zum anderen ist das Konstrukt Betreuungsgeld verfassungsrechtlich bedenklich, wie ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Ute Sacksofsky von der Goethe-Universität Frankfurt am Main gezeigt hat: Wenn der Staat Familienförderung auf bestimmte Familien beschränkt, muss er gute Gründe haben. Keines der mit dem Betreuungsgeld verfolgten Ziele rechtfertigt die geplante Ungleichbehandlung. „Ein Gesetz, das dem Ziel der tatsächlichen Gleichberechtigung zuwiderläuft, ist verfassungswidrig.“ (Gutachten Sacksofsky) Zu einem ähnlichen Urteil kam auch Prof. Schuler-Harms, die im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung ein Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit des Betreuungsgeldes erarbeitet hat sowie Prof. Wieland in seinem Gutachten für die SPD-Bundestagsfraktion. Die Gutachten sind online abrufbar unter: - http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/familie/betreuungsgeld_bleibt_unsinnige_massnahm/rechtsgutachten_betreuungsgeld.pdf http://library.fes.de/pdf-files/do/07492.pdf - http://www.spdfraktion.de/sites/default/files/gutachten_wieland_verfassungsfragen_des_betreuungsgeldes_august_2012-1.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Das Mitarbeiter-Team von Claudia Roth

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