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Claudia Roth
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Frage von Michael R. •

Frage an Claudia Roth von Michael R. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Roth,

mit etwas Verwunderung habe ich heute der Presse genommen, dass nahezu alle im Bundestag vertretenen Parteien - wohl auch DIE GRÜNEN- das Urteil des LG Köln zum Thema der "Beschneidung" zum Anlass nehmen wollen, hier eine gesetzliche Grundlage für eine Straffreiheit zu schaffen. Hierzu habe ich folgende Fragen.

1. Wie positioniert sich Ihre Partei zu einer gesetzlichen Grundlage und wie soll diese - nach Ihrer Aufassung - aussehen.

2. Wenn die männliche Beschneidung (und damit Verstümmelung!) von Baby´s und Kindern mit dem Argument der "religiösen Tradition" legimiert werden soll - müsste dann nicht auch die religiöse weibliche Beschneidung (auch Verstümmelung) legitimiert werden - auch hier existiert eine lange Tradition.

Ich habe absolut nichts dagegen, wenn jemand seiner Religion nachgehen möchte oder sich beschneiden lassen will. M. E. sollte dies jedoch aus FREIEN Stücken geschehen. Bei 8 Tagen alten Babys ist dies wohl nicht gegeben.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Rößner,

die Strafbarkeit beziehungsweise Zulässigkeit der religiös begründeten Beschneidung von Jungen, die nicht medizinisch indiziert ist, muss deshalb gesetzlich geregelt werden, weil das Urteil des Landgerichts Köln, das die aktuelle Debatte ausgelöst und eigentlich über den konkreten Fall hinaus keine rechtliche Bindungswirkung hat, für große Verunsicherung vor allem bei jüdischen und muslimischen Gläubigen sorgt. Viele Medizinerinnen und Mediziner sowie Krankenhäuser sprechen von einer Rechtsunsicherheit, der sie nicht ausgesetzt sein wollen. Bei Beschneidungen von Jungen geht es um eine Rechtekollision im Spannungsfeld zwischen dem Schutz körperlicher Unversehrtheit, dem elterlichen Erziehungs- und Sorgerecht und dem Recht auf Religionsfreiheit. Die Aufgabe der Gesetzgebung besteht nun darin, diese verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgüter in der Problemlösung einander so zuzuordnen, dass jedes von ihnen verwirklicht wird. Damit alle drei zu optimaler Wirksamkeit gelangen können, müssen ihnen Grenzen gesetzt werden.

Der Kinderrechtsauschuss der Vereinten Nationen, der die Kinderrechtskonvention maßgeblich gestaltet und auf den Weg gebracht hat, sieht keinen Widerspruch zwischen dem in der Konvention formulierten Schutz körperlicher Unversehrtheit und der Beschneidung von Jungen.
Die Beschneidung von Jungen ist keineswegs mit der Genitalverstümmelung von Mädchen vergleichbar. Die Genitalverstümmelung von Mädchen dient dazu, die sexuelle Empfindungsfähigkeit der Frauen grundsätzlich auszuschalten. Die Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen ist eine schwere nicht zu rechtfertigende Körperverletzung, die keine Religion fordert.

Wir sind davon überzeugt, dass diese Debatte nur im Diskurs mit den Religionsgemeinschaften und nicht per Gerichtsbeschluss gegen sie geführt werden kann. Deshalb ist jetzt der Gesetzgeber gefragt, zu einem verantwortlichen und sensiblen Umgang mit dem Thema zu kommen.

Mit freundlichen Grüßen

Das Mitarbeiter-Team im Bundestagsbüro

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