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Claudia Roth
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Josef K. •

Frage an Claudia Roth von Josef K. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Roth,

am 13.5.2012 haben mehrere Abgeordnete ihrer Fraktion sich aus Anlaß des derzeitig stattfindenden Katholikentages als Katholiken mit der Erklärung "Echter Aufbruch" an die Öffentlichkeit gewandt.
Halten sie es für richtig, dass sich Politiker ihrer Partei derartig, entgegen der im Art. 140 unseres Grundgesetzes vorgesehenenTrennung von Kirche und Staat, für die Belange EINER Religionsgemeinschaft einsetzen?
Befürworten sie, dass sich ihre Partei über Zielsetzungen und Reformnotwendigkeiten innerhalb einer Religionsgemeinschaft Gedanken machen soll, indem sie die "Rückführung des Glaubens" auf den Stifter fordert?
Sehen sie es als Aufgabe ihrer Partei an, die Auswirkungen eines Konzils ( Vatikanum II) innerhalb der Kirche zu kommentieren und Forderungen, z.B. wegen der intensiveren Einbindung von Laien in die Kirche, zu stellen?
Ist es Aufgabe ihrer Partei sich über die Frage welche Form der Messfeier, tridentinisch oder nicht, auszulassen?
Betrachtet sich ihre Partei als Wächterin des Erhaltes der katholischen Kirche, wenn in diesem Papier der zu erwartende Rückgang der Kirchenmitglieder beklagt und auf die Wichtigkeit der Erhaltung der Kirche hingewiesen wird?
Wird durch ihre Partei die Forderungen des Grundgesetzes nach Trennung von Kirche und Staat verneint, weil, unter Beteiligung ihres "Kirchenbeauftragten" eindeutig von diesem Gesetzesauftrag abgerückt und eine dauerhafte Präsenz der Kirche im Staat als Zielvorgabe verkündet wird?
Derartige Verlautbarungen festigen nach meiner Meinung die ohnehin allgegenwärtige Präsenz der Kirche und konterkarieren den Verfassungsauftrag,den bisher keine Bundesregierung ernsthaft zu erfüllen versucht hat.
Die Donationen,Zuschüsse und Steuervorteile, für christliche Kirchen betragen derzeit JÄHRLICH insges. ca. 25 Milliarden Euro.!!!
Will ihre Partei diese Kosten weiter erhöhen, und anderen Gemeinschaften gleiche Rechte eingeräumen, oder wollen sie dem Art.140GG gerecht werden?

J.K.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Herr Kraftsik,

das von Ihnen angesprochene Papier ist ausdrücklich ein Autorenpapier und kein Parteibeschluss oder parteipolitische Forderung. Die Autoren des Papiers verstehen sich als Christinnen und Christen in der katholischen Kirche, die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen sind und sich für die politischen Ziele der Partei einsetzen. Das Hauptziel der Autoren ist, innerkirchliche Debatten anzustoßen. Unübersehbar ist die Absicht der Autoren, das Ganze als ein Namenspapier von Katholikinnen und Katholiken verstanden zu wissen. Sie argumentieren im Papier als Mitglied der Katholischen Kirche und nicht aus der politischen Perspektive von Bündnis 90/Die Grünen. Die Autoren fordern ja keinen Parteitagsbeschluss zur Frage der Kulturabgabe, sondern wollen vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Situation Ideen in die vom gesellschaftlichen Wandel betroffenen Institutionen, vor allem die Kirchen, hineintragen.

Die erreichte Trennung von Staat und Religion bedeutet nicht, dass wir Fehlentwicklungen in den Kirchen, Auswüchse und Missbräuche nicht öffentlich kritisieren. So sehen wir bestimmte Bereiche des kirchlichen Arbeitsrechts kritisch. Unsere Position ist, im Dialog mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften klarzumachen: Wo ihr im Auftrag des Staates tätig seid, habt ihr auch demokratische Spielregeln einzuhalten. Darüber hinaus appellieren wir an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, ihre inneren Strukturen zu demokratisieren.

Mit freundlichen Grüßen

Das Mitarbeiter-Team im Bundestagsbüro

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