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Claudia Roth
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Frage von Cora von H. •

Frage an Claudia Roth von Cora von H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Roth,

ich habe heute gehört, dass Sie gegen die Steuererleichterung der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen sind.

Natürlich werden dabei nicht Personen entlastet, die ohnehin keine Steuern bezahlen... Weswegen auch!!!

Innovative und intelligente Politik kann der deutsche Steuerzahler nur erwarten, wenn es gilt neue Steuern zu generieren. Im Übrigen möchte ich darauf verweisen, dass eine verbesserte Einnahme Seite der Steuerzahler sicher auch die Konjunktur im Inland beflügelt. In grosserEinmütigkeit haben sich ja auch die Abgeordneten im Bundestag auch in diesem Jahr eine erhebliche Anhebung Ihrer Diäten genehmigt...
Ist diese Erhöhung gegen finanziert??

Apropos Finanzen... Im Schwarzbuch ist nachzulesen, durch die Politik bzw. Politiker aller
Parteien wurden im vergangenen Jahr ca.25 Mrd. Euro verscheudert.

Doch zu meiner Frage. Warum sind Sie gegen eine Steuererleichterung der Steuerzahler, wobei Sie zeitgleich eine erhebliche Diätenerhöhung geniessen. Wie passt das zusammen?

Mit freundlichen Grüssen

Cora von Haeften

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau von Haeften,

Ihre Seitenhiebe gegen Arbeitnehmer mit wenig Einkommen sind polemisch und irritierend. Um Menschen, die noch keine Steuern zahlen, in die Lage zu versetzen, von ihrem Lohn leben und auch Steuern zahlen zu können, brauchen wir armutsfeste Mindestlöhne. Das wäre auch ein Beitrag zur Steuergerechtigkeit.
Die von uns beschlossenen Steuererhöhungen betreffen eine kleine Zahl von Gutverdienenden und sind für eine nachhaltige Haushaltspolitik notwendig. Belastet werden durch dieses Steuermodell der Einkommensteuer alle, die über dem heutigen Spitzensteuersatz von 52880 Euro zu versteuerndes Einkommen haben, weil ab hier schon erste leichte Erhöhungen greifen.
Der Spitzensteuersatz von 49% wird dann bei 80.000 Euro zu versteuerndes Einkommen erreicht. Um manche Missverständnisse zu vermeiden, muss klar gestellt werden, dass es sich hier um Grenzsteuersätze handelt, d.h. dass die 49% nur auf das Einkommen oberhalb von 80.000 Euro angewendet werden. Die ersten 8.004 Euro (Grundfreibetrag) z.B. sind auch bei Spitzenverdienern steuerfrei. Die Durchschnittsbelastung liegt bei 80.000 Euro daher im vorgesehenen Tarif bei 35% und im heutigen Tarif bei 33,5% (jeweils schon inklusive Soli). Daher beträgt die Steuererhöhung eben nicht 7%-Punkte, wie es der Grenzsteuersatzvergleich von 49% und 42% suggeriert, sondern lediglich 1,5%-Punkte. Ein zweites häufiges Missverständnis resultiert daraus, dass das zu versteuernde Einkommen mit Bruttolohn verwechselt wird. Es ergeben sich aber zum Teil beträchtliche Abzüge vom Brutto, bis man beim zu versteuernden Einkommen angelangt ist. So können Werbungskosten und Sozialversicherungsbeiträge abgesetzt werden.

Hat ein Arbeitnehmer nur die normalen Absetzungsmöglichkeiten, die jeder hat, entspricht ein zu versteuerndes Einkommen von 80.000 einem Brutto von monatlich mindestens 7.300 Euro. Zusammen mit unserer Erhöhung des Grundfreibetrags gibt es Mehrbelastungen erst bei einem zu versteuernden Einkommen von etwa 58.500 Euro. Das entspricht wiederum einem monatlichen Brutto von mindestens 5.500 Euro. Wohlgemerkt bei einem Single. Bei Verheirateten verdoppeln sich bei der heutigen Form des Ehegattensplittings die entsprechenden Beträge. In der Steuerstatistik entspricht das übrigens etwa einer Million Singles und 600.000 Paaren, die belastet würden. In der Verdienststatistik des Statistischen Bundesamtes verdienen weniger als 4% der Arbeitnehmer mehr als 5.500 Euro. Hinzu kommt, dass die Belastungen natürlich zu Beginn sehr gering sind und wie gesagt erst bei 7.300 Brutto 1,5% ausmachen. Einen Verdienst darüber hinaus haben nur etwa 1,5% aller Arbeitnehmer. Diese geringe Zahl macht deutlich, dass es sich hier nicht um die Mittelschicht handeln kann. Das DIW zählt alle, die mehr als 150% des Medianeinkommens verdienen als zur Oberschicht gehörig. Das entspricht in etwa 4.000 Euro Brutto und betrifft etwa 15% der Bevölkerung. Der größte Teil der Oberschicht wird also im grünen Steuermodell sogar noch leicht entlastet. In der Regel wird das Durchschnittseinkommen in Deutschland überschätzt.

Der Bundestag geht bei der Erhöhung der Abgeordnetendiät behutsam vor und berücksichtigt die gesamtgesellschaftliche Lohnentwicklungen. Die von Ihnen hergestellte Verbindung zwischen unserem neuen Steuermodell und der Diätenerhöhung im Bundestag entbehrt jeglicher Logik. Wir wären froh, wenn der Bundestag unser Steuermodell beschließen würde. Dan hätten viele Abgeordnete auch mehr Steuern zu entrichten.

Mit freundlichen Grüßen

Das Mitarbeiter-Team im Bundestagsbüro

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