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Claudia Roth
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Frage von Inge V. •

Frage an Claudia Roth von Inge V. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Roth,

sagen Sie mir mal Bitte, wo ihre Partei im Bund konkret sparen will.

Der Läderfinanzausgleich sollte abgeschafft werden. Damit würden die Empfängerländer, die über

ihre Verhältnisse leben (vergl. Griechenland), zum Sparen erzogen werden.

Mit freudlichen Grüßen
Inge Varchmin

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Varchmin,

die Grüne Bundestagsfraktion ist davon überzeugt, dass unsolide Staatsfinanzen nächste Generationen belasten und politische Gestaltungsräume einschränken. Unsolide Staatsfinanzen schwächen das Vertrauen der Menschen in die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand und sind damit eine Wachstumsbremse. Daher dürfen die Konsolidierungsanstrengungen nicht nachlassen.

In der Grünen Haushalts- und Finanzpolitik gilt das Leitbild „Sparen und Investieren“. Dies sollte sich in der Ausgaben- und Einnahmestruktur des Bundeshaushalts widerspiegeln. Wichtige Zukunftsaufgaben müssen finanziert werden, gleichzeitig müssen aber die Gesamtausgaben maßvoll und die Steuereinnahmen angemessen sein. Kluge Haushaltssanierung baut auf einem Mix aus gerechter Einnahmeverbesserung und gezielter Ausgabenkürzung sowie Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.

Unser Ansatz für eine nachhaltige Haushaltspolitik steht auf folgenden Säulen:

1. Aufgabenkritik und die Suche nach Einsparungen müssen Priorität haben. Bestehende Standards und Ausgaben müssen kritisch überprüft werden. Hierzu zählen besonders der Etat des Bundesministeriums der Verteidigung, des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. In der Summe sollen hier über alle Einzelposten hinweg 7 Mrd. Euro zusammenkommen.

2. Ökologisch schädliche Subventionen in zweistelliger Milliardenhöhe müssen beendet werden. Die Einführung einer Flugticketabgabe ist richtig. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzt sich für die Brennelementesteuer ein, weil sie die steuerliche Bevorzugung gegenüber anderen Energieträgern beendet. Besonders anzugehen sind ebenso die Ermäßigungen bei der Strom- und Energiesteuer, die Abschaffung des Spitzenausgleichs, der Abbau von Steuerentlastungen für besonders energieintensive Prozesse, eine ökologische Reform der Dienstwagenbesteuerung, die Kerosinbesteuerung, die Abschaffung der Privilegien der Atomwirtschaft sowie der Braun- und Steinkohleförderung und die Erhöhung der Lkw-Maut. In der Summe sollen so 10 Mrd. Euro zusammenkommen.

3. Die Einnahmebasis muss deutlich verbessert werden. Hierzu zählen eine Bundessteuerverwaltung, die Einführung einer Vermögensabgabe, die Anhebung des Spitzensteuersatzes, Einnahmesteigerungen bei der Erbschaftsteuer, die Abschaffung der Abgeltungsteuer und Wiedereinführung der Besteuerung von Zinseinkünften nach der progressiven Einkommensteuer, eine Finanzumsatzsteuer und die Rücknahme der Mehrwertsteuerermäßigung für das Beherbergungsgewerbe sowie Abbau weiterer Mehrwertsteuervergünstigungen. Allein eine Abschmelzung des Ehegatten-Splittings könnte im ersten Jahr Mehreinnahmen in Höhe von 3,5 Mrd. Euro bedeuten.

4. Die finanzielle Basis des Staates muss sichergestellt bleiben. Dies geht nur in einer nachhaltigen und damit zukunftsfähigen Gesellschaft. Investitionen in die Zukunftsaufgabe Klimaschutz sind elementar und auch finanziell rentierlich. Es wird ein Energiespar¬fonds in Höhe von 3 Mrd. Euro pro Jahr eingerichtet. Der internationale Klimaschutz wird ausgeweitet, die Gebäudesanierung stärker gefördert, Schienen- und Radwege sind stärker auszubauen. Soziale und kulturelle Teilhabegerechtigkeit und internationale Gerechtigkeit sind zu finanzieren. Die Ausgaben für Bildung, Forschung und frühkindliche Bildung müssen erhöht werden, der Bund muss seinen Teil zur zügigen Erreichung des 10-Prozent-Ziels finanzieren. Der Regelsatz im Zweiten Sozialgesetzbuch ist für Erwachsene auf 420 Euro zu erhöhen. Die Kinderregelsätze müssen dem entwicklungsbedingtem Bedarf der Kinder angepasst werden. Darüber hinaus ist das derzeitige Ehe- und Familienfördersystem grundsätzlich zu reformieren, um die Mittel gerechter zu verteilen und Kinderarmut effektiver zu bekämpfen. Untere Einkommen sind von Sozialversicherungsbeiträgen zu entlasten.

Und nun zum Länderfinanzausgleich: Der Länderfinanzausgleich ist mit ca. 8 Mr. Euro ein sehr kleiner Posten im gesamtstaatlichen Haushalt. Seine Abschaffung würde keine Probleme lösen, dafür aber den Zusammenhalt im Bundesstaat entscheidend schwächen. Wir Grünen stehen zu einem solidarischen Ausgleich der Länder untereinander und befürworten ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Leistungsanreiz und aufgabenadäquater Finanzausstattung. Der bestehende Finanzausgleich gilt bis 2019. Er fußt auf politischen Vorgaben wie Steuerzerlegung, Einwohnerorientierung und Ausgleichsniveau. Unser Ziel ist es, für 2019 einen neuen, gerechten Finanzausgleich mit Leistungsanreizen zu erarbeiten, der alle Stufen des Finanzausgleichs sowie die unterschiedlichen Förderstränge in einem Gesamtkonzept eines solidarischen Finanzausgleiches berücksichtigt. Der neue Länderfinanzausgleich soll transparent und gerecht sein und sicher stellen, dass gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland gewahrt bleiben.

Mit freundlichen Grüßen

Das Mitarbeiter-Team im Bundestagsbüro

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