Frage an Claudia Roth von Sophie L. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Roth,
gerne möchte ich von Ihnen wissen, wie Sie und Ihre Partei sich den Ausstieg aus der Atomenergie vorstellen.
Selbst kann ich mir nicht vorstellen, wie der komplette Energiebedarf der BRD durch die sogenannten "Grünen Energiequellen" gedekt werden kann und der Einkauf von Atomstrom aus Nachbarländern wie Frankreich kann ja auch nicht als Lösung für den Atomausstieg angesehen werden. Eine weitere Möglichkeit die ich sehe wären die Auslastung der vorhandenen Kohlekraftwerke auszubauen, jedoch wird dadurch zunächst einmal der fossile Brennstoff, der sowieso schon knapp ist verbraucht und desweiteren steigen die CO²-Imissionen, dass kann ja auch nicht Ihr Ziel sein, da Sie und Ihre Partei doch eigentlich für deren Senkung sind.
Auch die Windenergie ist meiner Meinung nach nicht die Lösung diese Problemes. Die Windkraftanlagen finde ich persönlich sind ein Eingriff in unser Landschaftsbild. In exponierten Lagen sind diese kilometer weit zusehen und durch die Schattenspiele auch nicht gerade angenehm für die Anwohner.
Ein weiteres Problem bei der Abschaltung der Kernkraftwerke ist der sogenannte Atommüll, der letztendlich irgendwo endgelagert werden muss und dagegen, gibt es auch ständig Proteste. Wie würden Sie mit diesem Problem verfahren?
Deshalb wollte ich von Ihnen wissen, wie Sie den Energiebedarf der BRD ohne Kernkraft decken wollen und wie Sie den Atommüll beseitigen wollen?
Sehr geehrte Frau Lenz,
bevor wir auf einzelne Punkte und Unterfragen in Ihrer Frage eingehen, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass eine umfassende Darstellung des grünen Energiekonzepts auf der Internetseite der grünen Bundestagsfraktion zu finden ist http://www.gruene-bundestag.de
Wir sind davon überzeugt, dass der Strombedarf in Deutschland ohne Atommeiler und ohne zusätzliche Kohlekraftwerke gedeckt werden kann. Zunächst aber möchten wir auf unsere konkrete Forderung zum Atomausstieg eingehen. Bündnis 90/Die Grünen sind für den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomkraft, der viele rechtliche und gesetzliche Aspekte mit berücksichtigen muss. Der rot-grüne Atomkompromiss sah vor, dass Atommeiler 32 Jahre laufen dürfen. Da die 17 deutschen Atomkraftwerke in unterschiedlichen Jahren gebaut wurden, stellt der Atomkompromiss einen Prozess dar, nach dem Atommeiler sukzessiv vom Netz gehen, der letzte ungefähr im Jahr 2021. Parallel zu diesem Ausstiegprozess findet ein Ausbauprozess der Erneuerbaren Energien statt.
Aktuell beträgt der Anteil der Erneuerbaren Energien am Strommix 18%, der Anteil der Atomkraft 23%. In zahlreichen Studien legen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft, zum Beispiel des Sachverständigenrats für Umweltfragen der Bundesregierung, dar, wie eine Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien in den nächsten Jahrzehnten möglich sein kann. Wenn heute die Weichen richtig gestellt werden, werden wir bereits im Jahr 2020 40% Strom aus Erneuerbaren Energien gewinnen. Spätestens dann werden Atomkraftwerke überflüssig sein. Aber die Ereignisse in Japan und die Terrorangriffe vom 11. September machen eine erneute Prüfung des Atomausstiegs notwendig. Angesichts neuer Bedrohungen stellt sich die Frage, ob ein Atomausstieg auch vor 2021 erfolgen kann.
Kohlekraftwerke sind die Klimakiller Nr. 1. Ihre CO2-Emissionen tragen erheblich zum Klimawandel bei. Wenn wir bis 2050 die Erderwärmung bei zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustrialisierten Zeit halten wollen, müssen wir langfristig unsere Treibhausemissionen massiv reduzieren. Der Bau neuer Kohlekraftwerke ist die falsche Strategie. Besser sind natürlich Erneuerbare Energien und energieeffiziente Gaskraftwerke, die deutlich weniger CO2 emittieren und effizienter mit einem dynamischen Erneuerbare-Energien-Park laufen.
Der durch den Betrieb von Atomkraftwerken anfallende hochradioaktive Atommüll ist ein besonders gravierendes Problem. Bis heute gibt es weltweit kein schlüssiges Konzept für die Endlagerung von atomarem Abfall. Unter Berücksichtigung dessen ist die von der schwarz-gelben Regierungskoalition im Herbst 2010 beschlossene Laufzeitverlängerung aberwitzig: Durch sie entstehen rund 4.000 Tonnen hochradioaktiver, wärmeentwickelnder Atommüll zusätzlich. Dieses Problem lasten Union und FDP den Generationen nach uns auf. In dieser Situation versteift sich die Bundesregierung auf den Standort Gorleben, der nur aufgrund politischer Beweggründe ausgesucht wurde. Wir Grüne schlagen ein bundesweit offenes Suchverfahren für ein Endlager vor, nach dem nicht der politisch angenehmste, sondern geologisch beste Standort ausgewählt werden soll.
Mit freundlichen Grüßen
Das Mitarbeiter-Team im Bundestagsbüro