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Claudia Roth
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Frage von Angelika H. •

Frage an Claudia Roth von Angelika H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Roth,

in der vergangenen Woche wurden in Stettin/Polen über 2000 Leichen auf einem Kriegsgräberfriedhof bestattet. Die Skelette wurden in Marienburg/Polen bei Bauarbeiten gefunden und es handelt sich bei den Toten wahrscheinlich um ehemalige Bewohner/Deutsche von Marienburg.
Obwohl bei einigen Skeletten Einschüsse zu sehen waren, die Leichen nackt waren, kein Schmuck o.ä. gefunden wurde, spricht man jetzt von nicht nachvollziehbaren Todesursachen.
Ich habe mich für diesen "Vorfall" interessiert, da ich selbst Vorfahren in Schlesien habe.
Meine Fragen: Warum wurde so schlampig nach der Todesursache gesucht? Warum haben Sie oder entsprechende deutsche Persönlichkeiten nicht an dieser Trauerfeier teilgenommen?
Warum wurden die Leichen nicht in Marienburg beerdigt?

Mit freundlichen Grüßen
Angelika Hörner

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Hörner,

das ist eines der dunklen Kapitel der jüngeren Geschichte, auf das der Fund von über 2000 Gebeinen in unmittelbarer Nähe der Kreuzritter-Burg in Malbork (Marienburg, Polen) verweist. Nach den uns vorliegenden Informationen konnte nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden, was hier zum Ende des 2. Weltkrieges im einzelnen geschah. Die Nazi-Führung hatte Malbork im Januar 1945 gegen die heran rückende Rote Armee ja zur "Festung" erklärt, was die Kampfhandlungen sinnlos verlängerte und bis in den März 1945 andauern ließ.

Bei den aufgefundenen Gebeinen handelt es sich überwiegend um die Überreste von "deutschen Kriegstoten" im Sinne des deutsch-polnischen Kriegsgräberabkommens, vorwiegend Frauen und Kindern, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Zeit der anhaltenden Kämpfe Anfang 1945, zumeist an Hunger, Frost und Krankheiten, in einigen Fällen aber wohl auch durch unmittelbare Kampfeinwirkung gestorben sind. Glaubhafte Zeitzeugenberichte, dass es sich um Opfer von Massenerschießungen handeln soll, gibt es nicht. Fachleute haben solche Spekulationen auch für unplausibel erklärt.

Als Repräsentanten der Bundesrepublik nahmen Botschafter Michael H. Gerdts und Generalkonsul Joachim Bleicker am 14.08.2009 an der Trauerfeier für die Toten von Malbork teil. Die Toten wurden auf dem nahe an der Grenze zur Bundesrepublik gelegenen deutschen Soldatenfriedhof Stare Czarnowo (Neumark) in Glinna (Glien) bei Szczecin (Stettin) beigesetzt.

Das deutsche Generalkonsulat in Danzig, das mit dem Fund und den sich daran anschließenden Untersuchungen intensiv befasst war, hat zu dem Vorgang wie folgt Stellung genommen:

"Anlässlich der Bauarbeiten für ein Hotel in Marienburg bei Danzig wurden Ende Oktober 2008 die sterblichen Überreste von zunächst über 60, dann mehreren Hundert und nach abschließenden Feststellungen der polnischen Staatsanwaltschaft 2120 Menschen entdeckt. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen unter Federführung des unter anderem für die Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zuständigen polnischen Instituts des Nationalen Gedenkens haben weiterhin ergeben, dass es sich bei den aufgefundenen Gebeinen um deutsche Kriegstote im Sinne des deutsch-polnischen Kriegsgräberabkommens handelt, zum größten Teil Frauen und Kinder, die mit allergrößter Wahrscheinlichkeit in der Zeit der schweren und anhaltenden Kämpfe um Marienburg gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, also zwischen Januar und März 1945, an Hunger, Frost und Krankheiten, einige auch durch unmittelbare Kampfeinwirkung, gestorben sind.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., der im Auftrag der Bundesregierung die Kriegsgräberfürsorge im Ausland wahrnimmt, sowie das Generalkonsulat Danzig waren mit der Angelegenheit intensiv befasst und arbeiteten mit den zuständigen polnischen Stellen eng zusammen. Der Stadtrat von Marienburg beschloss bereits am 26. Februar 2009, die Fundstelle des Massengrabs unbebaut zu lassen und dem Bauinvestor ein anderes Grundstück zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus stellte der Bürgermeister in Aussicht, dass auch durch einen Gedenkstein an den schrecklichen Fund erinnert wird.

Nach der inzwischen erfolgten Freigabe der Gebeine, der eine eingehende Untersuchung auch durch den Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge vorausgegangen war, ist es der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen, dass die Toten alsbald eine würdige letzte Ruhestätte finden. Wie mehrfache Gespräche mit der Stadt Marienburg ergaben, besteht aus rechtlichen und praktischen Gründen auf absehbare Zeit keine Möglichkeit der angemessenen Bestattung der Toten in der Stadt selbst. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. hat sich deshalb dafür entschieden, die aufgefundenen Toten Mitte August auf der in der Woiwodschaft Westpommern gelegenen Kriegsgräberstätte Neumark (Stare Czarnowo) feierlich einzubetten, wo ihrer auch in Zukunft in besonderer Form gedacht werden kann und ihnen ein ewiges Ruherecht garantiert ist."

Mit freundlichen Grüßen

Das Büro-Team von Claudia Roth

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