Frage an Claudia Roth von Johannes B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Guten Tag!
An unserer lokalen Förderschule(Sonderschule) hat aus dem letzten Abschlussjahrgang keiner einen Arbeitsplatz,bzw. Ausbildungsplatz finden können. In den vorigen Jahren war es sehr ähnlich.
Es handelt sich bei uns um eine ländliche Region, in der es allgemein wenige Arbeitsplätze gibt. Vor hundert Jahren haben diese gering qualifizierte Menschen als Knechte oder Mägde gearbeitet. Ich sage das ganz wertfrei. Immerhin hat sich jemand um die gekümmert und sie versorgt. Heute sind sie natürlich auch versorgt durch das ALG II. Sie sind aber nicht produktiv und das frustriert natürlich.
Woher soll ein Arbeitsplatz auf dem Land für sie kommen? Es müsste ja auch ein Arbeitsplatz sein, bei dem man deutlich mehr als ALG II erhält.
Ich denke es wird auch in 100 Jahren keine ausreichende Zahl an Arbeitsplätzen für gering qualifizierte in unserer Region geben.
Kann man die Menschen nicht als Gegenleistung für staatlich Leistungen zur Arbeit in öffentlichen Einrichtungen verpflichten? Natürlich kann man aus dieser Pflicht entbunden werden, wenn sich ein anderer Job ergibt, aber auf diese Weise wären die gering qualifizierten nützlich tätig.
Mit freundlichen Grüßen,
J.Bruns
Sehr geehrter Herr Bruns,
in das Zeitalter von Knechten und Mägden können wir nicht mehr zurückkehren. Was wir aber machen können, ist, nach neuen innovativen Konzepten zu suchen, die Mensch und Natur in Einklang bringen und dafür sorgen, dass Menschen von ihrer Arbeit leben können. Den Kommunen und den öffentlichen Einrichtungen kommen hierbei große Aufgaben zu, die aber von der Landes- und Bundespolitik unterstützt werden müssen. Wir wollen das Problem aber an der Wurzel anpacken, indem wir Förder- und Sonderschulen abschaffen, die immer mehr zur Restschule ohne Zukunftsperspektive verkommen sind. Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf dürfen nicht von den Allgemeinen Schulen ausgegrenzt werden, denn damit wird ihnen die chancengerechte Teilhabe an Bildung genommen. PISA und andere Studien haben gezeigt, dass Kinder besser lernen, wenn sie länger gemeinsam unterrichtet werden. Auch die UN-Konventionen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen sehen vor, dass behinderte und nicht-behinderte Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet werden, eben weil sie voneinander und miteinander lernen. Wir wollen deshalb, dass Kinder mindestens bis zur neunten Klasse gemeinsam lernen. Schulen müssen so umgestaltet und verändert werden, dass sie allen Schülerinnen und Schülern gerecht werden. Dazu haben wir vielfältige Vorschläge gemacht. In Hamburg werden sie gerade umgesetzt.
Grüne Bildungspolitik:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/publikationen/dokbin/272/272842.flyer_bildung.pdf
Ein von unserer Fraktion in Auftrag gegebenes Gutachten zur Integration von Kindern und Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf in Regelschulen finden Sie hier:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/bildung/dokbin/273/273242.bildungsgutachten.pdf
Selbstverständlich sollte die öffentliche Hand in die Lage versetz werden, Maßnahmen zu ergreifen, damit sich gering qualifizierte Menschen weiter qualifizieren können und das gesamte Bildungssystem auch auf die Bedürfnisse der Erwachsenen ausgerichtet wird. Die Erwachsenenbildung und die Weiterbildungsmaßnahmen für Erwachsene brauchen angesichts der Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und der technologischen Fortschritte neue Konzepte, die flexibel in der Gestaltung sind und die lokalen und regionalen Besonderheiten berücksichtigen. So kann dafür Sorge getragen werden, dass die öffentlichen Einrichtungen ihre bürokratische Trägheit überwinden und als gut qualifizierte Dienstleister und Akteure agieren.
Mit freundlichen Grüßen
Das Büro-Team von Claudia Roth