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Claudia Roth
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Frage von Salke H. •

Frage an Claudia Roth von Salke H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Roth,

ich verfolge derzeit angespannt die Diskussion um die Einführung von Internetsperren zum Zweck gegen Kinderpornographie vorzugehen. Die gegen den Gesetzentwurf von Frau von der Leyen und Anhänger gerichtete Petition hat derzeit über 66000 Mitzeichner und hat damit innerhalb kürzester Zeit die benötigte Mindestanzahl erreicht, um vom Petitionsauschuss berücksichtigt werden zu müssen, ein scheinbar deutliches Signal.

Umso erstaunlicher finde ich die Tatsache, dass die Oppositionsparteien scheinbar zurückhaltend reagieren, was diesen Gesetzentwurf angeht und auch in den Medien immer nur von Kritik zu hören ist, aber nur selten die konkreten Gegenargumente genannt werden.

Was ist Ihrer Meinung nach die Ursache dafür, warum hält sich die Opposition mit Aussagen zurück, warum ist die Berichterstattung in den Massenmedien Fernsehen und Zeitung auf einen kleinen Teil begrenzt?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hartung,

für uns steht außer Frage: Kinderpornografie ist eine der widerlichsten Formen von Kriminalität. Man macht Geschäfte mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern, traumatisiert sie und zerstört Lebenswege, nur um im Ergebnis Kapital daraus zu schlagen. Wer dieses perverse Geschäft betreibt, der kann sich unseres Erachtens weder auf die Freiheit des Internets noch auf die Informationsfreiheit berufen. Kinderpornografie im Internet ist mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu bekämpfen. Der Rechtsstaat ist nicht wehrlos. Das gilt auch hier. Aber im Rechtsstaat gilt nicht der Satz: Not kennt kein Gebot. Der Rechtsstaat lebt davon, dass er transparente, nachvollziehbare und vor allem verhältnismäßige Regularien hat. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, aber auch kein bürgerrechtsfreier Raum.
Das Gesetz der großen Koalition kann kein wirksames Instrument bei der Bekämpfung von Kinderpornografie sein, denn das Sperren von Internetseiten wirkt nur begrenzt. Gleichzeitig weckt das Gesetz neue Begehrlichkeiten, auch andere Inhalte des Internets zu sperren. Das Gesetz geht an den tatsächlichen Notwendigkeiten, nämlich die Täter zu suchen und dingfest zu machen, Opferschutz zu betreiben sowie wirksam und nachhaltig gegen kinderpornographische Seiten vorzugehen, vorbei.

Gegen das Vorhaben der Bundesregierung, Kinderpornografie mit Internetsperren bekämpfen zu wollen, gab es einen breiten Widerstand außerhalb, aber auch innerhalb des Parlaments. Wir haben im Bundestag eine lange und sehr differenzierte Debatte geführt. Das Ergebnis war, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angesichts der rechtsstaatlichen Defizite des Antrags der Regierungskoalition einen eigenen Entschließungsantrag ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/134/1613470.pdf ) eingebracht hat, um unsere wesentlichen Kritikpunkte deutlich zu machen.

Mit freundlichen Grüßen

Das Büro-Team von Claudia Roth

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