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Claudia Lücking-Michel
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Frage von Michel K. •

Frage an Claudia Lücking-Michel von Michel K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Lücking-Michel,

ich möchte Sie bitte, Stellung zu beziehen zu den Inhalten und der Art und Weise, wie der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der großen Koalition zahlreiche höchst umstrittene Gesetzesänderungen am üblichen Gesetzgebungsverfahren vorbei beschlossen hat.

Ein vergleichsweise harmloser Gesetzesentwurf wurde weniger als eine Woche
vor der Abstimmung in höchster Eile durch Änderungsanträge massiv
ausgeweitet. So bieten die neuen Verfahren neben Quellen-TKÜ und
Online-Durchsuchungen auch massive Rechtseinbußen der Bürger in
Strafsachen, wo nun auch nichtbeschuldigte Zeugen durch die Polizei
zwangsweise vorgeladen werden können.

Meine Fragen:
Wie stehen Sie inhaltlich zu Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchungen,
insbesondere zu den sich ergebenden Spannungsfeldern, wenn der Staat nicht
mehr auf die Schließung ihm bekannter IT-Sicherheitslücken hinarbeiten
könnte, da er für seine eigenen Werkzeuge auf das Vorhandensein dieser
Lücken angewiesen ist?

Inwieweit kann einem Mißbrauch der neuen Rechte der Polizei, auch Zeugen
und damit effektiv jedermann zu jeder beliebigen Zeit als Zeugen bestellen
zu dürfen, aus Ihrer Sicht begegnet werden? Welche Rechte habe ich als
Zeuge noch, mich einer willkürlichen und für mich möglicherweise nicht
folgenlosen und womöglich ungerechtfertigten Befragung zu entziehen?

Wie haben Sie in dieser Sache abgestimmt, bzw. ggf. auch im Vorfeld die
Entscheidungsfindung Ihrer Fraktion beeinflust?

Falls Sie meine Bedenken hinsichtlich der potentiell schwerwiegenden Folgen
dieser Beschlüsse teilen: Wie gedenken Sie daran zu arbeiten, diese
beschlüsse wieder zu korrigieren?

Vielen Dank für Ihre Zeit! Mit freundlichen Grüßen,

Michel Kangro

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kangro,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Ich versichere Ihnen: Das in der EU-Grundrechtecharta verankerte Grundrecht auf Achtung des Privatlebens und Schutz personenbezogener Daten hat für mich einen hohen Stellenwert. Am 22. Juni 2017 hat der Bundestag den Gesetzentwurf zur effektiveren und praxistauglichen Strafverfolgung beschlossen. Ich war bei der Abstimmung nicht im Plenum, war aber natürlich vorher über die Fraktion an der Beschlussfindung beteiligt. Da habe ich dem Entwurf zugestimmt, wenn auch nicht mit Begeisterung.

Auch wenn es den Anschein hat, dass es sich bei dem Beschluss um einen gesetzgeberischen „Schnellschuss“ handelte, waren Gesetzentwurf und Änderungsantrag Ergebnis einer intensiven Diskussion. Die einzelnen Elemente des Vorhabens sind gründlich besprochen worden und auch Gegenstand öffentlicher Anhörungen gewesen.

Eine effektive, am Gebot der Rechtsstaatlichkeit ausgerichtete und der Notwendigkeit des Datenschutzes angemessen Rechnung tragende Strafverfolgung muss sich den technischen Veränderungen stellen und ihre Ermittlungsmaßnahmen dem technischen Fortschritt anpassen. Hier hat der Bundestag beschlossen, Rechtsgrundlagen für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung und die Online-Durchsuchung in der Strafprozessordnung zu schaffen, um eine effektivere und praxistaugliche Strafverfolgung zu gewährleisten. Eingriffe in den Schutzbereich des Grundrechts auf Privatleben dürfen allerdings nur dann erfolgen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen. Der Grundrechtsschutz ist dementsprechend auch durch geeignete Verfahrensvorkehrungen abzusichern: Die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems ist unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen.

Dem gegenüber steht die Stärkung der Verschlüsselungstechnologien zum Schutz vertraulicher Daten vor den Zugriffen Dritter, die nach den Grundsätzen der von der Bundesregierung verfolgten Kryptopolitik ausdrücklich befürwortet wird. Ich kann die Sorge von Ihnen verstehen, dass das Gesetz möglicherweise nicht nur der effektiveren Strafverfolgung dient, sondern auch eine erhöhte Cyberkriminalität zur Folge haben könnte. Hier bleibt es abzuwarten, welche Konsequenzen das Gesetz nach sich zieht. Dann kann evaluiert werden, ob und wie das Gesetz entsprechend nachgebessert oder geändert werden kann.

Die Neuregelung für Zeugen stellt eine Vereinfachung des Verfahrens dar: Der Zeuge, dessen polizeiliche Vernehmung von der Staatsanwaltschaft angeordnet wurde, wird verpflichtet, bei der Polizeibehörde zu erscheinen, die mit seiner Vernehmung beauftragt wurde, und eine Aussage zu machen. Über die zwangsweise Durchsetzung der Zeugenpflicht entscheidet auch nach der Neuregelung allein die Staatsanwaltschaft. Auch diese Regelung soll der effektiven und praxistauglichen Strafverfolgung dienen und ich halte sie deshalb für sinnvoll.

Freundlich grüßt Sie

Claudia Lücking-Michel