Frage an Claudia Lücking-Michel von Claus B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Claudia Lücking-Michel,
vielen Dank für Ihre Antwort vom 11.09. Bezüglich der europäischen Quotenregelung, die Sie ansprechen. Glauben Sie wirklich, dass diejenigen Migranten, die jetzt schon ausschließlich nach Deutschland streben, sich freiwillig in ein anderes EU-Land umsiedeln lassen. Die Bereitschaft zu einer Integration kann man ja mittlerweile täglich an den EU-Grenzen sehen, wenn diese stärker kontrolliert werden.
Und wieder kommen aus Berlin wie schon einmal lediglich Durchhalteparolen, jedoch keine konkreten Lösungsvorschläge, wie das Land und die Bürger mit den wachsenden Migrantenzahlen umgehen soll. Selbst der Generalsekretär der Deutsch-Syrischen Gesellschaft hält bereits "große Unruhen in Deutschland und Europa" für möglich ( http://www.all-in.de/nachrichten/deutschland_welt/politik/Deutsch-Syrische-Gesellschaft-prophezeit-Riesenproblem;art15808,2073799 ).
Ist es üblich, dass Entschlüsse von solcher Tragweite ("es gibt bei der Asylfrage keine Obergrenze") am gewählten Bundestag vorbei getroffen werden?
Wie lange wollen Sie als Abgeordnete diesen chaotischen Kurs der jetzigen Bundeskanzlerin noch mittragen?
Viele Grüße,
C. Blauer
Sehr geehrter Herr Blauer,
vielen Dank für Ihre erneute Anfrage zu diesem Thema.
Ich habe bereits an anderer Stelle hier Folgendes betont: Die Kanzlerin hat auf die bestehende Gesetzeslage verwiesen. Demnach genießen gemäß Artikel 16 a GG politisch Verfolgte Asyl. Das Recht auf Asyl ist ein Grundrecht und hat in Deutschland – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – sogar Verfassungsrang. Obergrenzen werden nicht genannt. Also noch einmal ganz deutlich: Die Kanzlerin hat keinen Entschluss am Bundestag vorbei gefasst, sondern die Gesetzeslage benannt. Und ich denke, wir können stolz sein auf die Humanität unseres Grundgesetzes.
Ich erwarte eine faire Lastenverteilung innerhalb der EU. Es ist insofern eine gute Botschaft, dass am kommenden Dienstag die Justiz- und Innenminister der EU hierzu wieder tagen werden. Ein Generalplan für die Verteilung und Integration von Flüchtlingen in Deutschland und Europa fällt nicht über Nacht vom Himmel. Aber an diesem Plan muss mit Kraft, Herz und Verstand gearbeitet werden.
Wenn Sie schreiben, aus Berlin kommen keine Lösungen oder Hilfen, muss ich Ihnen widersprechen. Ich möchte an dieser Stelle nicht noch einmal auf das umfangreiche Maßnahmenpaket verweisen, sondern kurz einige aktuellen Entscheidungen des Bundes skizzieren:
Erst in dieser Woche hat der Bundesregierung nach dem Bund-Länder-Treffen angeboten, bis zu 40.000 Plätze zur Erstaufnahme zu schaffen. Der Bund wird also gemeinsam mit den Ländern in Zukunft auch die Verteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen Bundesländer managen. Vier Entscheidungszentren, so genannte Drehkreuze, sollen am 1. Oktober Ihre Arbeit aufnehmen. Eine Unterstützung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge durch aktuelle und ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anderer Behörden auf Bundes- und Landesebene wird gegenwärtig vorbereitet. Der Bund wird die Mittel für Integrationskurse erhöhen und berufsbezogene Sprachkurse fördern.
Freundlich grüßt Sie
Claudia Lücking-Michel