Frage an Claudia Lücking-Michel von Claus B. bezüglich Finanzen
Hallo Fr. Dr. Lücking-Michel,
in der Onlineausgabe der Zeit vom 24.03.2014 ist zu lesen, dass die Kosten der Hilfe für die Ukraine in der Krim-Krise nach Darstellung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble von nachgeordneter Bedeutung sind.
Werden Sie sich dieser Meinung in einer hoffentlich stattfindenden Bundestagsdebatte anschließen oder werden Sie dagegen stimmen?
Wie hoch beziffern Sie die Kosten, die dabei entstehen werden? Wird mit dieser Hilfe auch die Beteiligung der rechtsextremen Swoboda an der Übergangsregierung unterstützt?
Mit freundlichen Grüßen,
C. Blauer
Sehr geehrter Herr Blauer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Hierzu möchte ich Ihnen gerne Folgendes mitteilen:
In der derzeitigen Krise ist es wichtig, dass in den internationalen Reaktionen ein Dreiklang eingehalten wird. Zum einen sollte der Gesprächsfaden mit Russland nicht abreißen. Dies ist auch nicht geschehen, wie allein zahlreiche Telefonate der Kanzlerin mit dem russischen Präsidenten belegen. Zum zweiten legt die Bundesregierung Wert darauf, dass die Europäer einheitlich handeln. Dies ist erreicht worden, obwohl die Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten sicher nicht deckungsgleich sind. Aber auch Staaten aus dem Südwesten Europas erkennen an, dass im Sinne der osteuropäischen Länder auf das Vorgehen Russlands deutlich reagiert werden muss – auch mit Sanktionen. Neben den bereits verhängten Sanktionen haben die EU wie die USA deutlich gemacht, dass weitere härtere Schritte vorbereitet werden, falls es zu einer Destabilisierung der Ukraine komme. Zum dritten muss der Ukraine geholfen werden. Ein symbolisches Zeichen ist die Unterzeichnung des Partnerschaftsabkommens zwischen der EU und der Ukraine. Aber es wird auch materielle Hilfe fließen.
Bislang gehen wir davon aus, dass von 2014 bis 2020 rund elf Milliarden Euro aus Brüssel für ein Hilfspaket zur Verfügung gestellt werden. Neben einer bereits unabhängig von der aktuellen Krise beschlossenen Finanzhilfe von 610 Millionen Euro will die EU-Kommission ein weiteres Darlehen von einer Milliarde Euro bereitstellen. Hinzu kommen soll eine übergreifende Entwicklungsunterstützung in Höhe von insgesamt 1,6 Milliarden Euro bis 2020. Als drittes sollen Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) hinzukommen. Diese sollen eine Gesamtsumme von rund acht Milliarden Euro haben.
Finanzielle Hilfe ist allerdings an entscheidende Bedingungen geknüpft, hier sind beispielsweise Strukturreformen sowie die Bekämpfung der Korruption zu nennen. Die Bundesregierung setzt auf einen durchaus kritischen Dialog mit der Übergangsregierung in Kiew. Dies gilt besonders mit Blick auf die Swoboda Partei. Mitten in den Wirren eines solchen gesellschaftlichen Umbruchs, kann die Gefahr, dass anti-demokratische Kräfte zum Tragen kommen, nicht toleriert werden.
Aus den Kriegen und Tragödien des 20. Jahrhunderts hat die Menschheit begonnen, ihre Lehren zu ziehen. Eine politische Frage kann nach heutigem Verständnis nur im Dialog auf der Basis des Rechts gelöst werden, nicht aber mit dem Mittel der Gewalt. Gewaltanwendung widerspricht in eklatanter Weise dem Werteverständnis Europas, wie es in vergangenen Jahrzehnten gewachsen ist. Deshalb ist es so wichtig, der Ukraine zu helfen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Claudia Lücking-Michel