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Christine Scheel
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Frage von Robert K. •

Frage an Christine Scheel von Robert K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Scheel,

Immer mehr Bürgerinnen und Bürger sehen die Gefahr einer sich verstärkenden Inflation gegeben.

Wie sie wissen ist unser Gemeinwesen so sehr verschuldet, daß wir zwar die laufenden Zinsen begleichen können, aber den Schuldenberg wohl nie abtragen werden. Das System hat die letzten 20 Jahre funktioniert, solange wir eine wachsende Wirtschaft mit steigenden Steuereinnahmen hatten. Solange die Haushalte nicht ausgeglichen sind, beruhen die Schulden auf der Erwartung, daß wir in der Zukunft mindestens soviel Wachstum haben werden, wie wir neue Schulden aufnehmen.

Die Wege aus der Schuldenfalle wären eine beschleunigte Tilgung (höhere Steuern, weniger Leistungen des Staates, Verschlimmerung der wirtschaftlichen Rezession..) oder die Erhöhung der Geldmenge durch Inflation, was die Zentralbanken gerade tun.
Wenn die gesetzliche Rente und andere Altersvorsorgeformen ihren Wert verlieren wird das mich und viele Menschen direkt betreffen.

Ich sehe folgende Probleme für die zukünftigen Haushalte:

*Die Garantien die die Regierung den Bürgern und dem kranken Bankensystem gegeben hat können den Haushalt stark belasten.

*Die Versprechungen an zukünftige Renten und Beamtenpensionen übersteigen die Leistungsfähigkeit des zukünftigen Staates der weniger Abgaben- und Steuerzahler haben wird. (Demographischer Wandel).

*Am schwerwiegendsten dürften sich die immer stärker steigenden Energie und Rohstoffpreise auswirken, insbesondere beim Erdöl, von dem unsere Wirtschaft und unser Leben in einem grossen Maße abhängig ist. ("Peak Oil") Diese Ergeben sich aus dem Ausgehen der weltweiten Ressourcen, die sich mit einer erhöhten Nachfrage in den Schwellenländern überlagern, und dem steigenden Energiebedarf, den der Abbau zB von Kohle und Erzen erfordert.

Ich frage Sie, wie die Bürgerinnen und Bürger glauben sollen, daß dieses System noch lange halten wird?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kopf,

vielen Dank für Ihre e-Mail zur Finanzmarktkrise. Allein während des zurückliegenden konjunkturellen Aufschwungs waren Bund und Länder in der Lage ihre Nettokreditaufnahmen zu verringern. Einige Bundesländer konnten auch rechnerische Überschüsse, also Schuldenabbau, ausweisen.

Der Bund wird sein Ziel, 2011 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, höchstwahrscheinlich verfehlen. Gegenwärtig verringert sich die Inflationsrate, weil aktuell z.B. der Rohölpreis gesunken ist. Sie haben sicher recht, dass dies nur eine Momentaufnahme ist, weil im Trend das Rohöl bzw. auch Erdgas wegen ihrer Endlichkeit teurer werden. Wesentlich gravierender werden die Auswirkungen der aktuellen Finanzmarktkrise sein, weil Amerika und Europa auf dem Weg in eine Rezession sind, so dass in Folge dessen die Steuereinnahmen bei weitem nicht so wachsen, wie ursprünglich vom Bundesfinanzministerium in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2012 prognostiziert wurde. Wirtschaftspolitisch kann die Bundesregierung die automatischen Stabililsatoren wirken lassen, was dann zur Folge hat, dass der Abbau der Nettokreditaufnahme im beabsichtigten Maßnahme nicht gelingt, sondern erneuter Schuldenaufbau geschieht. Deutschland muss den Strukturwandel seiner Industriebranchen vorantreiben, um ökologisch verantwortbare und zukunftsfähige Produkte zu produzieren.

Beispielsweise ist die Autoindustrie viel zu langsam auf verbrauchsarme Fahrzeuge umgeschwenkt, bzw. hat sie versäumt andere Antriebsformen zur Marktreife zu bringen. Die Steuerung der Geldmenge ist die wichtigste Aufgabe der Europäischen Zentralbank. Das zur Verfügung stellen von Liquidität erfolgt durch die EZB mit verschiedenen Instrumenten/Angeboten an die Banken auf Zeit und gegen Zinszahlung. Grundsätzlich kann die EZB die verstärkt zur Verfügung gestellte Liquidität bei eingetretener Stabilität auf den Finanzmärkten unter den Banken auch wieder abziehen bzw. verringern, so dass Inflationsgefahren gebannt werden. Richtig ist, dass die unterbrochenen Finanzströme unter den Banken jetzt das Handeln des Staates erfordern, damit die Realwirtschaft möglichst nicht beschädigt wird. Unklar ist z.Z. welches fiskalische Risiko die öffentliche Hand übernimmt, um einen aktiven Beitrag zur Stabilisierung der Finanzmärkte zu übernehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Christine Scheel