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Frage von Wolfgang M. •

Frage an Christine Lambrecht von Wolfgang M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Lambrecht,

zur Zeit existiert ein Entwurf zu einem neuen Datenschutzgesetz.
Zwei Mängel werden hier von dam Datenschutzbeauftragten Peter Schaar aus seiner Sicht in der Frankfurter Allgmeinen Sonntagszeitung benannt:

Zitat: (1) ´Nicht enthalten ist im Gesetzentwurf eine Untersagungsbefugnis für unrechtmäßige Datenverarbeitung. Wer illegal Daten verarbeitet, sollte gleich gestoppt werden und nicht erst nach mehreren Jahren sanktioniert werden.´

Zitat:(2) ´Was in dem Gesetzentwurf auch fehlt, ist eine Kennzeichnungspflicht, woher die Daten kommen. Bei den Lebensmitteln will man ja auch wissen, woher sie stammen. Dann müssten Unternehmen in ihren Werbeschreiben mitteilen, woher sie die Daten des Angeschriebenen haben, etwa aus einem Gewinnspiel oder einem Zeitschriftenabonnement. Dann kann dieser prüfen, ob er dort seine Einwilligung zur Weitergabe gab, ob das Ganze also rechtmäßig ist oder nicht. Im Augenblick kann man das ja gar nicht erkennen.´

Dies beiden Vorschläge halte ich für sehr sinnvoll, um den Missbrauch von Daten zu begegnen. Warum konnte sich der Gesetzgeber noch nicht entscheiden, beide Forderungen im Gesetzentwurf zu integrieren? Welche Argumente werden dagegen ins Feld geführt? Wie stehen Sie zu diesen Forderungen? Wie ist dazu das Meinungsbild insgesamt in ihrer Partei?

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Meyer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Meyer,

vielen Dank für Ihre Frage zum Datenschutzgesetz. Bezugnehmend auf die Änderungen des Datenschutzgesetzes erlaube ich mir folgende Anmerkungen.

Die Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes soll mehr Transparenz bei den Verfahrensweisen der Auskunfteien und mehr Rechtssicherheit bewirken. Die neue Regelung wurde am 29. Mai 2009 vom Deutschen Bundestag verabschiedet.

Auskunfteien, wie z.B. die SCHUFA sind Unternehmen, die unabhängig vom Vorliegen einer konkreten Anfrage bonitätsrelevante Daten über Unternehmen oder Privatpersonen sammeln, um sie bei Bedarf Geschäftspartnern für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Betroffenen zugänglich zu machen. In einer immer anonymer werdenden Geschäftswelt steigt die Bedeutung dieser Auskunfteien. Zunehmend schließen sich neben Kreditindustrie, Telekommunikationsanbietern und Versandhandelsunternehmen auch andere Branchen wie die Wohnungs- oder Versicherungswirtschaft an das Auskunfteiensystem an.

Die Beurteilung der Kreditwürdigkeit erfolgt überwiegend nach dem sog. Scoringverfahren. Scoringverfahren sind mathematisch-statistische Verfahren zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit, mit der eine bestimmte Person ein bestimmtes Verhalten zeigen wird. Diese Wahrscheinlichkeit wird durch den so genannten Scorewert angegeben. Auf Grund mangelnder Transparenz führen die Scoringverfahren häufig dazu, dass negative Entscheidungen zu Lasten der Betroffenen nicht nachvollzogen werden können. Deshalb werden nun die Voraussetzungen für die Durchführung von Scoringverfahren festgesetzt. Entscheidungen, die ausschließlich mit Hilfe automatisierter Verarbeitung personenbezogener Daten getroffen wurden, müssen in Zukunft begründet werden, sofern der Betroffene dies verlangt. Nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz hat jeder – unabhängig von Alter, Wohnsitz und Nationalität – das Recht auf Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten. Außerdem soll eine neue Vorschrift eingefügt werden, die eindeutig regelt, unter welchen Voraussetzungen Angaben über eine Forderung an Auskunfteien übermittelt werden dürfen. Neu geregelt wird auch die Erlaubnis für die Übermittlung personenbezogener Daten.

Wir dürfen die Weitergabe von Daten nicht der freien Marktwirtschaft überlassen, sondern müssen diese an die vorherige Einwilligung der Betroffenen knüpfen. Die Strafvorschriften müssen drastisch verschärft werden, um vom Datenmissbrauch abzuschrecken. Die Aufsichtsbehörden des Datenschutzes müssen gestärkt werden. Dabei umfasst der Umgang mit Daten erheblich mehr. Dreißig Jahre nach Erlass des Datenschutzrechtes hat sich klar gezeigt, dass es den technischen und gesellschaftlichen Anforderungen an Datenschutz in vieler Hinsicht nicht mehr gerecht wird. Ich fordere deshalb wie die gesamte SPD-Bundestagsfraktion eine grundlegende Modernisierung, die den Datenschutz ins 21. Jahrhundert transportiert. Das Selbstbestimmungsrecht der Bürger über seine Daten muss umfassend angelegt sein.

Mit freundlichen Grüßen

Christine Lambrecht, MdB