Frage an Christine Haderthauer von Eugen S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Haderthauer,
Ihre Antwort an Herrn Emrich vom 13.08.2010 veranlasst mich, eine Nachfrage zu Mindestlöhnen bei Ihnen zu versuchen.
Ihre Aussage "Den Lohnwettbewerb nach unten können wir auch nicht durch Mindestlöhne stoppen" haben Sie in Ihrer Antwort leider nicht erklärt, weshalb ich Sie bitte, es nochmals zu versuchen ohne der direkten Frage auszuweichen.
Ihre Aussage ist deshalb unbefriedigend, weil Sie den eigentlichen Zusammenhang nicht erklären und stattdessen eine Scheinwelt als Ihre Realität darstellen. Als hochrangige Vertreterin einer konservativen und realitätsnahen Partei sollten Sie doch wissen, dass Menschen i.d.R. auf ihren Vorteil bedacht sind und deshalb der Staat nicht auf Freiwilligkeit und reine Vernunft jedes Individuums setzen kann. Ansonsten könnte man ja auch beschließen, dass alle Steuern und Abgaben nach eigenem Ermessen zu erfolgen haben. Glauben Sie, dass davon die Staatsausgaben bewältigt werden könnten?
Desweiteren behaupten Sie, dass ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn die Preise für alle nach oben treiben würde, mit der Folge, dass die Bezieher dieses Lohns wieder nicht genug zum Leben haben. Wenn ein Bezieher eines Niedriglohnes (z.B. 6,50€) durch die Einführung eines Mindestlohnes (z.B. 9,50€) 3€ pro Stunde mehr erhält, er aber auch Produkte erwirbt, die vom Mindestlohn unabhängig sind (z.B. Schuhe, Kleidung, Fernseher, Wohnungsmiete, Wasser, Strom usw.), kann er sich doch eindeutig mehr leisten als ohne Mindestlohn. Außerdem wird die Staatskasse durch weniger Aufstockerleistung entlastet und der Binnenmarkt angekurbelt.
Glauben Sie wirklich, dass die Menschen wegen gestiegener Friseurkosten nach China reisen, um den Haarschnitt 3€ billiger zu erhalten? Ich wäre überrascht, aber umso erfreuter, wenn Sie diese Logik einmal ernsthaft debattieren würden. Vielleicht kämen Sie dann auf die gleiche Meinung wie 80% der Deutschen, die einen gesetzlichen Mindestlohne für gerecht und wirtschaftlich richtig halten.
Sehr geehrter Herr Schiebel,
Sie haben Recht, die Menschen werden wegen gestiegener Preise beim Friseur nicht nach China reisen, allerdings werden sie nach Ausweichmöglichkeiten suchen. Gerade bei Friseurdienstleistungen ist der Schwarzmarkt groß und schwer zu kontrollieren. "Flächendeckende gesetzliche Mindestlöhne" das klingt auf den ersten Blick natürlich positiv, bei genauerem Hinsehen wären sie aber eine starke Belastung des Arbeitsmarktes. Sie verriegeln den Arbeitsmarkt nach unten und treiben letztlich die Arbeitskosten in die Höhe. Das träfe besonders den Niedriglohnsektor, in dem hauptsächlich gering Qualifizierte tätig sind. Deren Produktivität entspricht in vielen Fällen nicht einem gesetzlichen Mindestlohn. Diese Arbeitnehmer hätten es bei Mindestlöhnen besonders schwer, Arbeit zu finden bzw. ihren Arbeitsplatz zu behalten. Sie würden aus dem Arbeitsmarkt gedrängt oder in die Schwarzarbeit flüchten und dort niedrigere Löhne akzeptieren. Damit entstünde eine weitere Konkurrenz zu gering qualifizierten Mindestlohn-Beschäftigten und zwangsläufig ein Lohnwettbewerb nach unten.
Dass ein gesetzlicher, flächendeckender Mindestlohn nur unmittelbare Auswirkungen hat, ist ein Trugschluss. Kaum etwas ist Mindestlohnunabhängig! Auch in der Produktion von "höherwertigen" Produkten/Leistungen (z. B. Schuhe, Kleidung) können in Vorstufen Niedriglohntätigkeiten eine Rolle spielen. Die Einführung eines gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohns verteuert auch diese Produkte. Ein Niedriglohnbezieher kann sich damit mit einem Mindestlohn nicht zwangsläufig mehr leisten als zuvor.
Ich bleibe dabei: Ein gesetzlicher, flächendeckender Mindestlohn bringt keine Lösung. Verlierer sind die gering qualifizierten Mitmenschen. Ich will das jedenfalls nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Haderthauer