Frage an Christine Arlt-Palmer von Roland B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Arlt-Palmer,
die Bundeswehr versucht zunehmend größeren Einfluss auf das Bildungswesen zu nehmen, um die Sicherheits- (Kriegs-)politik der Bundesrepublik Deutschland darzulegen. Mittlerweile haben acht Bundesländer Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr unterzeichnet, die der Bundeswehr bzw. den Jugendoffizieren Vorrang in den Bildungseinrichtungen einräumen. In Baden-Württemberg wurde diese Vereinbarung am 4.Dezember 2009 mit dem Kultusministerium getroffen. Sie treten am 27. März zur Landtagswahl an. Aus diesem Grund würde ich gerne von Ihnen wissen:
Stimmen Sie zu, dass es zum Kern des Bildungsauftrags des Landes Baden-Württemberg gehört, dass die Schülerinnen und Schüler in einer solch existentiellen Frage wie der nach Krieg und Frieden nicht einseitig informiert werden sondern auch die von den Friedensorganisationen vertretenen Konzepte der zivilen, nicht-militärischen Konfliktbearbeitung und Friedenssicherung kennenlernen?
Stimmen Sie ebenso zu, dass die institutionalisierte Bevorzugung militärischer Sichtweisen gegen das Verfassungsgebot, die Jugend „zur Friedensliebe.... und zu freiheitlicher demokratischer Gesinnung zu erziehen“ verstößt?
Treten Sie dafür ein, dass die Kooperationsvereinbarung nach der Landtagswahl am 27. März zurückgenommen wird?
Stimmen Sie mit mir überein, dass die Friedenserziehung gestärkt werden muss?
Ihre Antwort erwartet
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Blach,
gerne antworte ich Ihnen hiermit auf Ihre Anfrage.
Ich stimme Ihnen zu, dass die Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg aus unterschiedlichen Perspektiven über Lösungsstrategien für supra- und internationalen Konflikte aufgeklärt werden sollten. Gleichzeitig sehe ich keinen Grund dafür anzunehmen, dass dies durch eine Beteiligung von Jugendoffizieren konterkariert würde. Nur ein kleiner Teil der gesamten Unterrichtszeit wird den Jugendoffizieren auf Nachfrage der Schulen zur Verfügung gestellt - der Rest steht für eine andere Nutzung frei.
Ich kann Ihrer zweiten These daher auch nicht zustimmen. Die Bundeswehr ist Teil unserer Gesellschaft und unseres Staates. Daher finde ich es unangemessen, sie als Institution hinzustellen, die gegen das Verfassungsgebot der Erziehung zur Friedensliebe verstößt. Im Gegenteil, die Soldatinnen und Soldaten schützen mit dem Einsatz ihres Lebens unsere freiheitliche, rechtsstaatliche Grundordnung.
Ich sehe keinen vernünftigen Grund, die Kooperationsvereinbarung zwischen staatlichen Institutionen, d.h. Schule und Bundeswehr, zurückzunehmen. Natürlich befürworte ich grundsätzlich eine Erziehung zur gewaltfreien Konfliktlösung. Das ist Teil eines jeden Lehrplans an den Schulen und eine fortgesetzte Aufgabe. Eine Institutionalisierung mit NGOs halte ich dagegen nicht für notwendig. Die Schulen sind gegenüber externen, professionellen und seriösen Angeboten immer sehr aufgeschlossen, so dass hier kein Regelungsbedarf besteht.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Arlt-Palmer