Frage an Christina Schwarzer von Thomas S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Schwarzer,
ihre Antwort, mit der Sie auf die von Herrn Rosenbaum gestellte Anfrage bezüglich des 3. Griechenland-Hilfspakets reagieren,...
http://www.abgeordnetenwatch.de/christina_schwarzer-778-78478--f441795.html#q441795
....lässt mich daran zweifeln, dass Sie die sozialen Auswirkungen bezogen auf die Griechenland abverlagten Reformen erkannt bzw. verstanden haben.
So kostet z.B. die drastische Reduzierung der griechischen Gesndheitskosten auf 6 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung (Vergleich: Deutschland 11%) Lebensqualität und menschliches Leben:
"Ärzte und Kliniken reagierten mit Gebühren, die viele Griechen angesichts dramatisch sinkender Einkommen und Rekordarbeitslosigkeit nicht zahlen können. Weil Arbeitslose zudem nach zwei Jahren ohne Job ihre Krankenversicherung verlieren, stehen der Studie zufolge mittlerweile geschätzt 800.000 Griechen komplett ohne Schutz da. Auch die psychischen Auswirkungen der andauernden Krise kann das Gesundheitssystem immer schwerer auffangen, weil auch hier kräftig gekürzt wurde. Dabei besteht hier offensichtlich großer Bedarf. Denn die Zahl der Suizide in Griechenland ist zwischen 2007 und 2011 um 45 Prozent gestiegen, schwere Depressionen haben sich sogar verdoppelt. Die Zahl der Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht ist allein zwischen 2008 und 2010 um 19 Prozent gestiegen, die Zahl der Totgeburten um mehr als 20 Prozent. Als möglichen Grund führen die Wissenschaftler den - wegen hoher Kosten und geringem Einkommen - schwierigen Zugang zu Ärzten an, die zu Komplikationen in der Schwangerschaft führten. Auch die Säuglingssterblichkeit ist den Zahlen zufolge um 43 Prozent gestiegen."
Ihre Partei führt das Attribut "christlich" im Parteinamen.
Was ist an der benannten Sparpolitik noch christlch, wenn diese Leben kostet?
Viele Grüße, Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht und die Möglichkeit, zu dieser Thematik Stellung zu beziehen.
In der Tat, mit den Hilfspaketen für Griechenland gehen umfassende Reformen einher, die den Bürgern der hellenischen Republik zum Teil viel abverlangt. Das Prinzip, das von Griechenland im Gegenzug für die große Solidarität aus Europa wichtige Reformen fordert, ist der richtige Weg, um dem Land aus der Krise zu helfen, andere Nationen aber nicht zu überfordern. Diese Reformen betreffen auch den Gesundheitssektor.
Mit der Finanzkrise in Griechenland ist auch das dortige Gesundheitssystem zunehmend in Schieflage geraten. Es weist nach wie vor Defizite auf. Mit der Finanzkrise und der immensen Arbeitslosigkeit in Griechenland in den zurückliegenden Jahren mehr als eine Million Menschen ihre Versicherungsbeiträge nicht bezahlt und damit den Anspruch auf Behandlung in Kliniken und Arztpraxen sowie auf Medikamente verloren. Das ist nach griechischem Recht so festgelegt. Arbeitslose können in Griechenland allerdings inzwischen wieder mit kostenloser ärztlicher Hilfe rechnen. Über einen Ministerialerlass vom Juni 2014 wurde geregelt, dass Arbeitslose im Krankheitsfall Ärzte und Krankenhäuser aufsuchen können, die mit den staatlichen Krankenkassen zusammenarbeiten. Für die Krankenversicherung der Arbeitslosen hat der Staat insgesamt rund 340 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Griechenland und Deutschland hatten sich 2014 auf eine Kooperation verständigt mit dem Ziel, das Fallpauschalensystem in der Krankenhausfinanzierung einzuführen, den Nichtversicherten in die Gesundheitsversorgung einzubinden, die Arzneimittelkosten einzugrenzen und die medizinische Versorgung auf dem Land zu verbessern. Wichtig ist, dass auch unter der aktuellen Regierung (Neuwahlen Anfang 2015) das Gesundheitssystem ein wichtiger Bestandteil der Reformprozesse bleibt. Langfristig ist das gerade für die Menschen in Griechenland ein bedeutender Schritt. Deutschland hat hier immer wieder Angebote zur Zusammenarbeit gemacht.
Die Ausgaben für das Gesundheitssystem sollen gesenkt werden, das ist wahr. Für weitere Milliarden-Hilfen von EU und dem IWF hatte die griechische Regierung im Gegenzug den Sparkurs zugesichert. Das Parlament hat bereits Kürzungen in einem Volumen von 3,2 Milliarden Euro gebilligt. Im Weltvergleich für Ausgaben im Gesundheitsbereich, berechnet am BIP, befindet sich Griechenland trotz der Sparmaßnahmen immer noch unter den Top 30 Ländern.
Für die griechischen Bürger sind viele der dringend notwendigen Sparmaßnahmen sicher ein großer Schnitt. Daher ist es umso wichtiger, dass die Reformen jetzt konsequent und zügig umgesetzt werden. Wir müssen Griechenland helfen, selbst auf die Beine zu kommen, damit das Land irgendwann seine Schulden zurück zahlen kann. Das sind wir auch der großen Solidarität der Bürger anderer EU-Staaten schuldig.
Sollten Sie weitere Fragen zur Thematik haben, senden Sie mir gern eine E-Mail an christina.schwarzer@bundestag.de . Sehr gern können Sie sich auch an Ihre örtlichen Wahlkreisabgeordneten wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Christina Schwarzer MdB