Frage an Christina Schwarzer von Marcus K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
wie sie bereits ausgeführt haben sind sie für die anlasslose Massenüberwachung von allen Bundesbürgern, weil sie damit Kinderpornografie besser bekämpfen wollen.
was sagen sie denn dazu das die Massenüberwachung welche Verfassungswidrig ist nicht das geeignet Mittel ist um Kinderpornografie besser zu überwachen?
Nachzulesen unter
https://netzpolitik.org/2015/operation-rescue-wir-widerlegen-dass-ohne-vorratsdatenspeicherung-keine-kinderpornografie-aufgeklaert-werden-kann/
Ich fordere Sie hiermit auf gegen diese Verfassungsfeindliche >Einschränkung der Grundrechte aller Bürger zu stimmen!
Sehr geehrter Herr Kochalski,
herzlichen Dank für Ihre Frage hier auf Abgeordnetenwatch und Ihren Bezug zu meiner Antwort vom 30.4.2015. In meiner damaligen Antwort habe ich bereits deutlich gemacht, dass meine Sicht auf die Vorratsdatenspeicherung auch immer die einer Kinder- und Jugendpolitikerin ist. Und dabei habe ich natürlich auch den Kampf gegen Kinderpornografie im Kopf. Ein paar Zahlen habe ich dazu genannt.
Der von Ihnen genannte Beitrag von netzpolitik.org geht von der These aus, dass ohne Vorratsdatenspeicherung keine Kinderpornografie aufgeklärt werden kann. Das habe ich so an keiner Stelle formuliert und das ist natürlich so auch nicht der Fall. Sehr wohl haben unsere Ermittlungsbehörden auch schon heute gute Instrumente, um diese abscheulichen Straftaten aufzuklären und zu verfolgen - zum Glück. Das Speichern von Verbindungs- und Standortdaten gibt den Ermittlern lediglich ein weiteres Werkzeug in die Hand. Übrigens eines, das in zahlreichen europäischen Staaten genutzt wird.
Was uns zum zweiten Teil Ihrer Frage, der angeblichen Verfassungswidrigkeit des vorgelegten Gesetzentwurfes bringt. Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts habe ich ebenfalls in meiner Antwort vom April schon einiges ausgeführt. Dem ist vielleicht noch hinzuzufügen, dass die Karlsruher Richter in ihrem Urteil von 2010 explizit ausführten, dass eine anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten für qualifizierte Verwendungen im Rahmen der Strafverfolgung mit dem Grundgesetz nicht unvereinbar ist. Ein Verstoß gegen Artikel 10 liegt nicht schon vom Grundsatz her vor. Die Richter haben die genannten konkreten Vorgaben gemacht, die der aktuelle Gesetzentwurf auch einhält.
Heute ist die Lage hinsichtlich der Speicherung der Kommunikationsdaten recht unterschiedlich. Manche Unternehmen speichern, andere nicht. Auch sind die Speicherfristen je nach Anbieter völlig unterschiedlich. Bei der Verbrechensbekämpfung ist es dann also reiner Zufall, ob eine Spur zum Täter gefunden werden kann, oder eben nicht. Fachleute im Edathy-Untersuchungsausschuss haben erklärt, dass die Menschen, die im Internet nach Kinderpornografie suchen, häufig ganz genau wissen, zu welchem Telekommunikationsanbieter sie gehen müssen, damit ihre Daten nicht gespeichert werden. Wenn wir dagegen nichts unternehmen, schützen wir die falschen. Thilo Weichert, Landesdatenschutzbeauftragter in Schleswig Holstein, hat dazu sehr richtig erkannt, dass nur mit einer gesetzlichen Regelung Rechtssicherheit für Behörden, Provider und Betroffene geschaffen werden kann.
In der Vergangenheit ging es in der Debatte um die so genannte Vorratsdatenspeicherung in der Regel um Mindestspeicherfristen. Heute und mit dem aktuellen Gesetzentwurf sprechen wir von Höchstspeicherfristen. Das ist ein deutlicher Paradigmenwechsel. Die Daten müssen nach Ablauf der Fristen gelöscht werden. Wenn die Unternehmen sich nicht daran halten, werden sie mit hohen Geldstrafen belegt. Als Bürger können wir uns also darauf verlassen, dass unsere Standortdaten nach vier Wochen und die Verkehrsdaten nach zehn Wochen wieder gelöscht werden. Dies sind die kürzesten Speicherfristen in ganz Europa. In über 20 EU-Mitgliedsstaaten gibt es Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung. Fast überall dort, wo konkrete Regelungen von Gerichten aufgehoben wurden, wird über verfassungskonforme Neuregelungen diskutiert bzw. werden diese verabschiedet.
Wir sprechen hier von den beiden so wichtigen Werten Freiheit und Sicherheit. Beide muss der Staat schützen. Weil in den Kriminalitätsbereichen, die das Gesetz umfasst, das Internet und mobile Kommunikation eine so große Rolle spielen, brauchen wir dieses Ermittlungsinstrument.
Mit freundlichen Grüßen
Christina Schwarzer MdB