Christina Schwarzer
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Frage von Nicole H. •

Frage an Christina Schwarzer von Nicole H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Schwarzer,

welche Personen sind aufgrund welcher Funktion / Eigenschaft an den am Montag, 16.12.2013 begonnenen Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika beteiligt? Wie wurden die an diesen Verhandlungen Teilnehmenden bestimmt?

Wie werden die Interessen der Bevölkerung Deutschlands in diesen Verhandlungen vertreten/berücksichtigt? Ist eine Beteiligung der Bevölkerung Deutschlands bei der Entscheidung über die Ergebnisse in Form eines Referendums/Volksentscheids geplant? Falls nein, wer entscheidet dann über die Umsetzung des Freihandelsabkommens für die Bevölkerung Deutschlands?

Halten Sie es angesichts der jüngsten Datenschutzverstöße durch US-amerikanische Geheimdienste für angebracht, so viel Vertrauen gegenüber den Vertreter von us-amerikanischer Seite entgegen zu bringen?

Welche Vereinbarungen sind Ihrer Meinung nach unverrückbar als Mindestanforderungen in einem evtl. Freihandelsabkommen zu den folgenden Themen festzulegen:

Datenschutz
Umweltschutz/Nachhaltigkeit als vorrangige Prämisse vor maßlosem Wachstum
Gentechnik bei Pflanzen/Lebensmitteln und Medizin
Fracking

Mit freundlichen Grüßen,
Nicole Hartmann

Christina Schwarzer
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Hartmann,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage zum Freihandelsabkommen mit den USA. Soweit möglich, beantworte ich Ihnen gern die zahlreichen Fragen und lege meine Ansichten zu den angesprochenen Themen dar.

Das transatlantische Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA (TTIP = Transatlantic Trade and Investment Partnership) erregt derzeit das Interesse vieler deutscher Bürger. Einzigartig ist schon seine Größe. Europa und die USA generieren zusammen die Hälfte des weltweiten Wirtschaftsvolumens. Jeden Tag werden Leistungen im Wert von 1,8 Milliarden Euro ausgetauscht. Für eine Exportnation wie Deutschland ist eine offene, regelgebundene Weltwirtschaft Garant für Wachstum und Wohlstand. Die exportstarke deutsche Wirtschaft profitiert in besonderer Weise von den Fortschritten, die hier erreicht wurden. Meine Partei hat in den letzten Jahren ein verstärktes Augenmerk auf bilaterale Freihandelsabkommen mit dynamischen Ländern und Regionen weltweit gelegt.

Beim TTIP ist Deutschland als eines der Länder der Europäischen Union beteiligt. Von europäischer Seite aus führt die Kommission die Verhandlungen und hält sowohl die Mitgliedsstaaten als auch das Europäische Parlament über die Fortschritte auf dem Laufenden. Die nationalen Vorbereitungen liegen federführend in der Hand des Bundeswirtschaftsministeriums.

Natürlich muss man das geplante Freihandelsabkommen nach den jüngsten Ereignissen im Zusammenhang mit dem so genannten NSA-Skandal auch von dieser Warte aus betrachten. Die Tätigkeiten des amerikanischen Geheimdienstes haben zu einem schwerwiegenden Vertrauensverlust im transatlantischen Verhältnis geführt. Das empfinde ich, wie viele andere auch, nicht nur als Bürgerin so, sondern auch als Politikerin. Und ich weiß, dass viele Kollegen dies ebenso wahrnehmen – unter anderem auch der parlamentarische Geschäftsführer meiner Fraktion, Michael Grosse-Brömer, der in einem Gespräch mit dem US-Senator Chris Murphy ganz klar vertrauensbildende Maßnahmen seitens der USA eingefordert hat. Chris Murphy bemüht sich sowohl in Berlin als auch in Brüssel um neues Vertrauen und eine parlamentarische Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Datenschutzes. Die Debatte zum Datenschutz und zur Arbeit der Geheimdienste wird auch im US-Kongress intensiv geführt. Murphy selbst steht für eine große Gruppe von Senatoren und Abgeordneten aus beiden politischen Lagern, die mehr Datensicherheit schaffen wollen, auch für den privaten Sektor, und die die Arbeit der NSA kritisch sehen.

Es wird diskutiert, wie die Geheimdienste vom US-Kongress besser überwacht werden können. Gleichzeitig müssen die Mittel der Geheimdienstarbeit, zum Beispiel die uneingeschränkte Sammlung von sogenannten Meta-Daten zur Terrorbekämpfung, überdacht werden. Zudem stellt sich die Frage, wie diese Daten dann ausreichend geschützt werden können. Entscheidungen in diesem Bereich sollten die USA am besten im Dialog mit ihren Partnern treffen.

Wir benötigen dringend vertrauensbildende Maßnahmen und eine engere Zusammenarbeit der Parlamente, um den schwerwiegenden Verlust des Vertrauens in der transatlantischen Partnerschaft zu heilen. Eine klare und rechtlich überzeugende Vereinbarung für die Wahrung der Privatsphäre deutscher Staatsbürger muss getroffen werden. Gleichzeitig dürfen wir natürlich die wirtschaftliche Bedeutung des transatlantischen Freihandelsabkommens für unser Land nicht vergessen.
Im TTIP wird mit Positivlisten und nicht wie sonst üblich mit Negativlisten gearbeitet. Das bedeutet, alle Bereiche und Branchen werden erfasst. Nur was ausdrücklich ausgeschlossen wird, ist nicht von dem Vertrag betroffen. Damit spielen auch automatisch Datenschutz und Internetkontrolle eine viel zentralere Rolle als bei anderen Freihandelsabkommen.

Bei den Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit ist Deutschland Vorreiter, sowohl innerhalb der EU als auch im Vergleich mit den USA. Meiner Ansicht nach sollten unsere Standards auch im Zusammenhang mit dem Freihandelsabkommen Zielsetzung sein. Ähnlich verhält es sich auch beim Thema Sicherheit im Zusammenhang mit Gentechnik. Hinsichtlich des Frackings haben die Gesundheit der Menschen und der Umweltschutz absoluten Vorrang. Wir dürfen uns vor der Technologie nicht grundsätzlich verschließen, eine Gefährdung von Mensch und Natur muss aber zwingend ausgeschlossen sein. Dies ist meine Ansicht und dies ist ebenso deutsche Verhandlungsposition innerhalb der EU zu den angesprochenen Themen.

Mein Fazit in diesem Zusammenhang lautet: Das transatlantische Freihandelsabkommen ist für die Exportnation Deutschland ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Nach dem NSA-Skandal müssen die Verhandlungen – gerade im Hinblick auf den Datenschutz und die Internetsicherheit – diesbezüglich mit enormer Sensibilität geführt werden. Dass die damit verbundenen Interessen unserer Bürger dabei eine bedeutende Rolle spielen, ist obligatorisch.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Christina Schwarzer MdB