Christina Schwarzer
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CDU
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Frage von Keshia F. •

Frage an Christina Schwarzer von Keshia F. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Schwarzer,

ich habe mal ein wenig über Sie recherchiert und habe festgestellt, dass wir beide sowohl auf der gleichen Grundschule, als auch dem selben Gymnasium in Berlin-Neukölln waren! Zwischen uns liegt jedoch fast eine Generation, weshalb ich Neukölln eventuell anders kenne und erlebt habe als Sie...politisch ordne ich mich, unter anderem deswegen, nicht konservativ ein. Dennoch bin ich neugierig, nicht zuletzt, weil wir eben einen ähnlichen schulischen Werdegang haben und beide dem Anschein nach Ur-Neuköllnerinnen sind und uns unser Bezirk wichtig ist. Sollten Sie also gewählt werden, möchte ich sicherstellen, dass wir Neuköllner_innen es mit einer modernen CDU-lerin zu tun haben, die gesellschaftliche Problematiken erkennt und anpackt. Meine Frage ist vielleicht etwas untypisch, v.a. in Bezug auf Bezirkspolitik, aber verstehen Sie sie als eine Art Grundsatzfrage an Sie persönlich und Ihre gesamte Partei:

Die deutsche Kolonialgeschichte ist 2001 in der Abschlusserklärung der Durbaner UN Weltkonferenz als ein Verbrechen gegen die Menschheit erklärt worden- auch seitens Deutschland. Kolonialismus, so bestätigte die Konferenz, hat zu Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz gegenüber Menschen afrikanischer und asiatischer Abstimmung, sowie indigener Völker gefühlt, dessen Folgen ebendiese Menschen noch heute zu Opfern des Kolonialismus machen. Diese Erkenntnis gilt es nun erinnerungspolitisch und bildungspolitisch aufzuarbeiten, denken Sie nicht auch?
Wenn nein, wieso nicht?
Wenn ja:
- planen Sie oder Ihre Partei, der deutschen Kolonialgeschichte und kolonialen Kontinuitäten der Gegenwart besondere Beachtung zu schenken, also mehr als vielleicht zuvor der Fall gewesen ist?
- Wie stehen Sie zu der Behandlung des Themas im Schulunterricht?
- Wie stehen Sie zum Thema Mahnmäler und Straßenumbenennung?
- Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen heutigem Rassismus und deutscher Kolonialgeschichte?

Ich freue mich auf Ihre Antwort Frau Schwarzer!

Christina Schwarzer
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Fredua-Mensah,

Ihre grundsätzliche Frage nach der Notwendigkeit einer erinnerungs- und bildungspolitischen Aufarbeitung kann ich nur bejahen. Wichtig finde ich zu erwähnen, dass schon länger umfangreiche Forschungstätigkeit stattfindet, beispielsweise wird dieser Forschungszweig in Berlin durch die Freie Universität Berlin vertreten (Link 1). Auch erinnerungspolitisch wurde in den vergangenen Jahren durch Debatten, die Kontextualisierung und Aufklärung zu den Spuren des Kolonialismus (beispielsweise in Berlin-Mitte) und nicht zuletzt durch die Bundesregierung viel bewegt.

Die Thematik insgesamt genießt in der CDU/CSU hohe Aufmerksamkeit. So hat sich die unionsgeführte Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Beispielsweise wurden Schritte zur Aufarbeitung und zur Vergangenheitsbewältigung eingeleitet, indem beispielsweise unter äußerst fragwürdigen Umständen nach Deutschland gelangte Schädel restituiert worden sind. Auch fand in den vergangenen Jahren ein intensiver Dialog mit Ländern statt, die zeitweilig deutsche Kolonien waren (Link 2).

Auch die Konrad-Adenauer-Stiftung (als Vordenkerin der Unions-Familie) engagiert sich bei der Bewältigung des Irrweges des deutschen Kolonialismus. Hier wird nicht nur über, sondern auch mit den betroffenen Ländern geredet, wie die umfangreichen Aktivitäten der KAS beispielsweise in Namibia oder Tansania belegen (Link 3 und 4).

Eine Berücksichtigung des Themas im Schulunterricht halte ich nicht nur für sinnvoll, sie ist mit Blick auf die Berliner Rahmenlehrpläne bereits berücksichtigt. Doch auch außerhalb des eigentlichen Lehrplanes findet das Thema vorbildhafte Beachtung, wie z.B. die Aktion „Schule ohne Rassismus“ eindrucksvoll zeigt.

Eine Umbenennung von Straßen halte ich bei allen nationalsozialistischen Bezügen für zwingend geboten. Der § 5 BerlStrG in Verbindung mit der entsprechenden Ausführungs­vorschrift bietet hier einen geeigneten Rahmen. Darüberhinaus erscheint es mir aber sinn­voll, dass an einen bestehenden Straßennamen die Elle der jeweiligen Epoche angelegt wird, da nach heutigen Maßstäben die meisten historischen Figuren kritisch zu sehen sind. Spuren der Geschichte zu tilgen und damit historische Zusammenhänge und Entwicklungen unsichtbar zu machen ist nach meinem Dafürhalten das Gegenteil von Aufarbeitung.

Wie z.B. im Afrikanischen Viertel im Berliner Ortsteil Wedding bietet sich anstelle von Straßen­umbenennungen eher die kritische Aufarbeitung und Aufklärung mittels Informations­tafeln, -säulen oder -stelen an.

Einen direkten Zusammenhang zwischen „heutigem Rassismus und deutscher Kolonial­geschichte“, wie Sie es formuliert haben, sehe ich nicht. Postkoloniale Theorien lassen sich m.E. jedenfalls nicht einfach auf Deutschland übertragen, denn Deutschland war, trotz der unglücklichen Wahnidee, zu einer solchen zu werden, keine klassische Kolonialmacht.

Den ehemaligen Kolonialmächten vergleichbare Beziehungen zu früheren Kolonien haben nie bestanden. Einwanderung nach Deutschland erfolgte kaum aus früheren Kolonien, sondern aus anderen Ländern. Die Herkunftsländer der meisten Einwanderer in Deutschland sind ebenfalls keine früheren Kolonialmächte, sodass auch hierdurch kein auf früheren Kolonialerfahrungen beruhender Rassismus Nachwirkung entfalten könnte.

Die in Deutschland leider vorhandenen Spielarten von Rassismus fußen vermutlich weitest­gehend auf anderen Ursachen. Ich verfolge aufmerksam die dazu laufenden Kontroversen und bin mir anderer Meinungen durchaus bewusst, was für mich letztlich ein weiterer Grund für die Fortsetzung der laufenden Aufarbeitung und Forschung darstellt.

Schließen möchte ich mit einer Feststellung von Philipp Mißfelder, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: „Die Bekämpfung von Rassismus (ist) ein wichtiges Grund­anliegen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und (muss) auch auf internationaler Ebene weiter vorangetrieben werden. Gerade Deutschland setzt sich besonders dafür ein, dass die Ächtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Fokus der internationalen Gemeinschaft bleibt." (Link 5)

Mit freundlichen Grüßen

Christina Schwarzer