Frage an Christian Wendt von Wilfried M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Wendt,
nun hatte ich gedacht (und in unserem Grundgesetz gelesen), daß der Staat sich der unantastbaren Würde des Individuums verpflichtet sieht und diese zu schützen unternimmt. Das scheint sich nun zu ändern und die Apologeten dieser Änderung erhalten Auftrittsmöglichkeiten in Blättern wie "Die Zeit".
Wer würde in Ihrer Gesellschaft darüber zu wachen und zu richten haben, daß Personen, welche über ihre Emanzipation die Rechte anderer "vergessen", sich nicht den ganzen Globus unter den Nagel reißen?
Mit einer Verwandlung aller Menschen in gleichsam engelhaft rücksichtsvolle und zugleich sich emanzipierende gebildete Wesen rechne jedenfalls ich in nächster Zeit nicht.
Mit freundlichen Grüßen
W. Meißner
Sehr geehrter Herr Meißner,
aus den Ausführungen zum Kooperatismus auf meiner Homepage geht hervor, dass innerhalb des durch Grundgesetz und BGB gesetzten Rahmens gesellschaftsvertragliche Regelungen auf Basis freiheitlicher und solidarischer Gegenseitigkeit getroffen werden sollen, deren Ordnungsgedanke wesentlich darauf abzielt, gesellschaftliche Verfügungsmacht menschengerecht (der mehr oder weniger selbstgerechten Natur des Menschen angepasst) auf vernetzte, einander ähnliche wirtschaftlich-soziale Vereinigungen (gemeinnützige GmbHs / Genossenschaften mit erweiterten sozio-ökonomischen Funktionen) zu verteilen, so dass die angemahnten Funktionen des Wachens und Richtens gesellschaftsvertraglich institutionalisiert werden (und zwar auf mittelbar wie auch auf unmittelbar gegenseitiger Ebene), und die „Nagel“probe auf Resistenz gegen extreme Ausfälle egoistisch oder sonstwie motivierten Machtmissbrauchs bestanden werden sollte. Charismatische Führerschaft dürfte sich in einem derartig gestrickten sozio-ökonomischen Netz mit systemimmanent hoher Wahrscheinlichkeit verfangen, und ihr Einfluss, welcher in historisch gescheiterten bzw. überwundenen Gesellschaftsformationen singuläre Verheerungen angerichtet hat, auf ein überschaubares Maß beschränkt bleiben. Es geht also um eine Umgestaltung der gesellschaftlichen, und insbesondere der sozio-ökonomischen Beziehungen - und gerade nicht um eine Emanzipation von der eigenen Wesensnatur, womöglich im negativ-utopistischen Sinne der Schaffung eines ‚neuen’, sich selbst entfremdeten Menschen. Mit freundlichen Grüßen
Christian Wendt