Frage an Christian Ude von Michael S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Ude,
Laut der Berichterstattung beim Münchner Merkur haben Sie sich ja den Mieterschutz und den Kampf gegen hohe Mieten in Bayern auf die Fahnen geschrieben. Nun würden mich hierzu doch einige Fragen und vor allem deren Antworten brennend interessieren.
1. Warum stehen in München städtische Wohnungen unvermietet frei und werden nicht auf den Mietmarkt angeboten? (hierzu entsprechende TV Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen TV vor einigen Wochen)
2. Sie sind in München langjähriger OB, wieso haben sie nicht frühzeitig auf die Rahmenbedingungen am Mietmarkt reagiert? Sie sind ja hier entsprechend in der Verantwortung als OB München?
3. Bisher haben Sie die Finanzen der Stadt München nicht sonderlich in den Griff bekommen, sondern nur durch steigende Steuereinnahmen profitiert - durch diese konnten die Schulden der Stadt München gesenkt werden. Wobei die Verschuldung der städtischen Betriebe nicht in die Haushaltsrechnung eingeflossen ist. Wie wollen Sie das denn auf Landeseben für den Freistaat Bayern hinbekommen? Wo wollen Sie kürzen und haushalten um einen ausgeglichenen Haushalt weiterhin sicherzustellen und vor allem die Verschuldung reduzieren?
Anmerkung: Ich berufe mich auf die offizielle Statisik, natürlich fehlen hier die Schuldenstände der städtischen Betrieben, da würde Ihre Bilanz deutlich schlechter aussehen.
Ich freue mich darauf von Ihnen eine Antwort zu bekommen, sofern diese sich mit den Fragen auseinandersetzen und keine Worthülsen darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Singer, hier die Antwort auf Ihre Fragen zum Thema steigende Mieten, die mich sowohl über Facebook als auch über Abgeordnetenwatch erreicht haben:
1. Warum stehen in München städtische Wohnungen unvermietet frei und werden nicht auf den Mietmarkt angeboten? (hierzu entsprechende TV Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen TV vor einigen Wochen)
Antwort:
Die Stadt und ihre Gesellschaften verfügen insgesamt über mehr als 60.000 Wohnungen. Gemessen an dieser enormen Zahl ist der Leerstand gering. Der unvermeidbare Wohnungsleerstand resultiert zum einen Teil aus ganz normalem Mieterwechsel - zwischen Auszug und Einzug werden Schönheitsreparaturen und ggf. Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, weshalb die betreffende Wohnung kurzfristig leer steht. Dazu kommt noch der sogenannte strategische Leerstand, der dadurch entsteht, dass das betreffende Gebäude entweder im leer gezogenen Zustand umfassend modernisiert, oder abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt werden soll. Da die Stadt ihre Mieter nicht einfach vor die Tür setzt, sondern ihnen Ersatzwohungen anbietet, kann es eine Weile dauern, bis ein Haus vollkommen frei gezogen ist. Diese Zeiten werden aber wo möglich mit Zwischenvermietungen überbrückt. Bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften GWG und GEWOFAG betrugen die Leerstandsquoten beispielsweise zum Stichtag 30.06.2013 1,73% bzw. 1,88 %.
2. Sie sind in München langjähriger OB, wieso haben sie nicht frühzeitig auf die Rahmenbedingungen am Mietmarkt reagiert? Sie sind ja hier entsprechend in der Verantwortung als OB München?
Antwort:
Die steigenden Mieten kommen ja nicht von ungefähr - sie sind die Kehrseite des wirtschaftlichen Erfolgs unserer Stadt. Viele Kommunen in Deutschland träumen davon, dass ihnen in Zeiten des demographischen Wandels mit ständigem Bevölkerungsschwund endlich wieder ein Zuzug vergönnt sein möge, aber in München haben wir damit zu kämpfen, dass genau dieser Zuzug die Mieten in die Höhe treibt. Die Vorstellung allerdings, die Stadt könne solchen Zuzug bremsen, wäre reichlich naiv. Schließlich gibt es nicht nur in ganz Deutschland, sondern in der gesamten Europäischen Union die Freizügigkeit. Zusätzlich zieht auch noch das vagabundierende Kapital nach München, dessen Eigentümer keine Finanzabenteuer mehr mit „Finanzprodukten“ eingehen wollen, sondern lieber ins „Beton-Gold“ flüchten, also in Wertanlagen auf dem Immobilienmarkt. Beides treibt die Immobilienpreise und damit auch die Mieten in die Höhe. Was die Stadt in dieser Situation zur Linderung der Probleme tun kann, tut sie auch: Allein in meiner Amtszeit wurden fast 120.000 Wohnungen gebaut und das größte kommunale Wohnungsbauprogramm der Bundesrepublik aufgelegt - der Freistaat hat im selben Zeitraum seine Fördermittel für den Wohnungsbau in Bayern auf ein Viertel gedrückt. Und die städtischen Gesellschaften haben ihren Wohnungsbestand von rund 40.000 auf 60.000 erhöht, vor allem zu Gunsten einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen - der Freistaat hat hingegen in diesem Jahr die staatliche Wohnungsbaugesellschaft GBW AG mit rund 8.000 Wohnungen in München verscherbelt und damit auf längere Sicht zum Spielball der Spekulation gemacht. Schließlich weigert sich die schwarz-gelbe Mehrheit im Landtag bis zum heutigen Tag, der Altbauspekulation einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben, wie es die Stadt München schon seit 2 Jahrzehnten fordert ... Größer könnten die Unterschiede kaum sein! Die überhöhten Mieten werden im Übrigen nicht vom Rathaus verlangt, sondern von privaten Vermietern - und zwar in dem Ausmaß, das der Gesetzgeber erlaubt. Deshalb ist vom Bundestag zu fordern, dass er endlich auch die Miethöhe nach einem Mieterwechsel begrenzt.
3. Bisher haben Sie die Finanzen der Stadt München nicht sonderlich in den Griff bekommen, sondern nur durch steigende Steuereinnahmen profitiert - durch diese konnten die Schulden der Stadt München gesenkt werden. Wobei die Verschuldung der städtischen Betriebe nicht in die Haushaltsrechnung eingeflossen ist. Wie wollen Sie das denn auf Landeseben für den Freistaat Bayern hinbekommen? Wo wollen Sie kürzen und haushalten um einen ausgeglichenen Haushalt weiterhin sicherzustellen und vor allem die Verschuldung reduzieren? Anmerkung: Ich berufe mich auf die offizielle Statisik, natürlich fehlen hier die Schuldenstände der städtischen Betrieben, da würde Ihre Bilanz deutlich schlechter aussehen. Ich freue mich darauf von Ihnen eine Antwort zu bekommen, sofern diese sich mit den Fragen auseinandersetzen und keine Worthülsen darstellen.
Antwort:
Auch wenn Sie sich auf die offizielle Statistik berufen, bleiben Ihre Behauptungen in der Fragestellung falsch. Richtig ist: die Stadt München hat in den vergangenen Jahren kräftig Schulden abgebaut, allein seit 2008 fast 1 Mrd. Euro. Im Gegensatz zu Ihrer Vermutung fällt der Schuldenabbau inklusive der Eigenbetriebe sogar noch stärker aus, diese eingerechnet waren es 1,2 Mrd. Euro. Die Stadt München hat damit ihren Schuldenstand seit 2005 halbiert. Die Schulden der Stadt sind heute geringer als bei meinem Amtsantritt vor 20 Jahren, ebenso die Schulden der städtischen Eigenbetriebe. Die städtischen Beteiligungsunternehmen haben ihr Eigenkapital in diesem Zeitraum sogar um mehrere Milliarden erhöht. Das ist, in aller Bescheidenheit, eine herausragende Leistung. Natürlich haben die Steuereinnahmen es erleichtert, den Schuldenberg abzutragen. Aber ohne eine solide Haushaltspolitik (München hat durchgehend, auch bei hohen Steuereinnahmen, die Haushaltskonsolidierung vorangetrieben), wäre dies nicht gelungen. Im übrigen sind die Steuereinnahmen des Freistaats Bayern prozentual in den Jahren seit 2008 ähnlich oder sogar noch stärker gestiegen als die der Stadt München. Die CSU-Regierung hat es dabei aber nicht vermocht, den Schuldenstand zu senken, im Gegenteil: die Schulden des Freistaats sind um 9 Mrd. Euro angestiegen und damit stärker als jemals zuvor in einer Legislaturperiode. Und noch etwas unterscheidet die Finanzpolitik der Stadt von der des Freistaats Bayern: während die CSU fast alle Vermögenswerte Bayerns versilbert hat (u.a. die profitablen Bayernwerke, die nun zu eon gehören), hat die Stadt ihr Tafelsilber bewahrt und weder die Stadtwerke noch städtische Wohnungen verkauft, sondern den städtischen Wohnungsbestand sogar aufgestockt. Die Folge: während die Stadtwerke München Gewinne an den städtischen Haushalt abführen, in München viele Tausend Arbeitsplätze bieten und Gewerbesteuer zahlen, führt eon keinerlei Gewinne an den Freistaat ab, hat Arbeitsplätze aus Bayern abgezogen und fordert durch konzerninterne Verrechnungen Gewerbesteuer von vielen Gemeinden zurück.