Frage an Christian Ruck von Joachim M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Dr. Ruck,
zunächst danke auf Ihre Antwort auf meine letzte Frage.
Dazu schliesst sich meine neue Frage an.
Sie schrieben auf meine Frage nach der Finanzierung von Endlagern: "Die Endlagersuche ist daher nicht ein gewerbliches Problem, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die eine staatlich überwachte Lösung erfordert."
In der Berliner Zeitung vom 26. Januar muss ich nun lesen, dass der Bund für Asse zahlen soll: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0126/politik/0072/index.html
Um heise.de zu zitieren: "Bisher galt im Atomgesetz die Regelung, dass die Verursacher zumindest per Gebühren an den Kosten beteiligt werden, die für die Lagerung ihrer Abfälle entstehen."
Inwieweit sehen Sie es gerechtfertig, dass jetzt der Steuerzahler dafür aufkommen soll? Sollten die Verursacher von Atommüll nicht auch für die Endlagerung aufkommen?
Und meine zweite Frage:
Sie schrieben: "...Damit wäre es möglich, 2030 ein Endlager in Betrieb zu nehmen."
Halten Sie es wirklich für sinnvoll, selbst bis zu diesem fiktiven Termin, weiter Müll , vor Allem aus AKWs, anzuhäufen, wenn doch garnicht klar ist, ob es überhaupt ein aus technischer Sicht, sicheres Endlager geben kann?
In Anbetracht dessen, dass, sollte die Atomkraft tatsächlich eine Renaissance erleben, das weltweite Uran innerhalb kurzer Zeit aufgebraucht wird: Sollten nicht erneurbare Energien das Hauptthema unserer Überlegungen zur zukünftigen Energieversorgung sein?
Augsburg ist immerhin eine der sonnigsten Städte Deutschlands, aber sehen Sie hier bei uns besonders viele Sonnenkollektoren oder Photovoltaikanlagen auf den Dächern?
Augsburg als "Kompetenzzentrum Umwelt Augsburg-Schwaben" mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt sollte hier wahrnehmbarer voranschreiten.
Mir freundlichen Grüssen,
Joachim Mayer M.A.
Sehr geehrter Mayer,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 27.01., in der Sie sich nach meiner Meinung 1. zur Kostenfrage der Atommüll-Endlagerung und 2. nach der Förderung Erneuerbarer Energien in Augburg fragen. Auf beide Punkte möchte ich nacheinander im Einzelnen eingehen.
Der Deutsche Bundestag hat am 30. Januar 2009 Änderungen zum Atomgesetz (AtG) beschlossen. Mit dem Gesetz haben wir u.a. eine Regelung geschaffen, die die Anwendung der atomrechtlichen Vorschriften für Anlagen des Bundes zur Endlagerung radioaktiver Abfälle – also die Schachtanlage Asse – und den Übergang der Betreiberfunktion vom Helmholtz-Zentrum München auf das Bundesamt für Strahlenschutz festlegt.
Die Schachtanlage Asse wurde seit 1965 als Forschungsbergwerk des Bundes betrieben. Zwischen den Jahren 1967 und 1978 wurde hier die Einlagerung radioaktiver Abfälle großtechnisch erprobt. Dabei wurden insgesamt 125.787 sogenannte „Gebinde“ schwach- und mittelradioaktiver Abfälle eingelagert.
Ich bin wie Sie der Auffassung, dass sich Abfallverursacher bei der Frage der atomaren Endlagerung nicht einer Verantwortung entziehen dürfen. Deshalb gilt die Endlagervorausleistungsverordnung (EnlagerVlV) uneingeschränkt. Diese regelt, dass Abfallverursacher sehr wohl für finanzielle Folgen der Abfallverursachung gerade stehen müssen.
Bezogen auf den speziellen Fall der Asse, um den sich die Kernenergiedebatte derzeit dreht, möchte ich allerdings folgende Punkte zu bedenken geben: Der größte Teil des radioaktiven Inventars in der Asse stammt von der öffentlichen Hand. Dies betrifft 90 Prozent der Radioaktivität und 50 Prozent des Volumens der in der Asse gelagerten Stoffe.
Gemäß dem Auftrag des Bundes hat die damalige Gesellschaft für Kernforschung (GFK) Grundlagenforschung und Entwicklung für fortgeschrittene Reaktoren sowie für Anlagen des Kernbrennstoffkreislaufes (u.a. Wiederaufbereitung) durchgeführt. Die Abfallgebinde, die an die Asse geliefert wurden, stammen überwiegend aus der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe (WAK). Weniger als ein Prozent der vom Forschungszentrum Karlsruhe (FZK) abgegebenen Gebinde stammen aus Abfällen der an die HDB angeschlossenen Landessammelstellen, wo Abfälle aus Medizin, allgemeiner Forschung und Industrie gesammelt werden.
Außerdem sind die privaten Einlagerungen bereits von den privaten Akteuren bezahlt worden. Die Annahme der Abfälle im Kernforschungszentrum Karlsruhe geschah auf der Basis von privatrechtlichen Verträgen zwischen GfK bzw. dem Kernforschungszentrum Karlsruhe (KfK, heutiges Forschungszentrum Karlsruhe) und der GSF. Nach dem Vertrag ging das Eigentum an den radioaktiven Abfallgebinden nach der Anlieferung auf die GSF als Betreiber der Schachtanlage Asse II über. Von 1965 bis 1975 wurden keine Gebühren erhoben; weder von öffentlichen noch von privaten Anlieferern. Von 1975 bis zum Ende der Einlagerungen 1978 wurden dann von allen anliefernden Betrieben Gebühren erhoben. Damit ist der Abfallverursacher entsprechend der gesetzlichen Regelungen seiner Entsorgungspflicht nachgekommen; eine rechtliche Handhabe für darüber hinaus gehende Forderungen – so berechtigt die aus heutiger Sicht tatsächlich in den Asse angefundenen Probleme auch erscheinen mögen – bestehen nicht.
Sehr geehrter Herr Mayer, neben der Kostenfrage ist die zweite entscheidende Frage die, wie wir die Versorgungssicherheit in diesem Land gewährleisten. Diese Frage wird sich uns immer wieder stellen, wenn wir bis 2020 – darauf haben wir uns im Rahmen der Novellierung des EEGs geeinigt – den Anteil der erneuerbaren Energien auf ehrgeizige 30 Prozent ausbauen wollen: Wie sollen wir die übrigen 70 Prozent der Versorgung sicherstellen, und wie sollen wir diese Energie umweltfreundlich erzeugen?
Diese Frage kann nicht nur wirtschaftlich, sondern auch unter Klimaschutz- und Umweltgesichtspunkten derzeit nur die Union mit der „Brückentechnologie“ der Kernenergie richtig beantworten. Natürlich ist das Interesse einiger groß, einen Aufhänger zu suchen, gegen die Nutzung der Kernenergie in Deutschland zu polemisieren. Doch was bringt es, wenn wir für teures Geld Gas aus Russland beziehen und die Russen statt auf ihr Gas auf Kohlekraftwerke und Kernkraftwerke setzen? Das ist eine Energiepolitik, die nicht nur ökonomisch keinen Sinn macht.
Ich bin sehr für den forcierten Ausbau für Erneuerbare Energien – in Augsburg, in Deutschland und auch weltweit. So engagiere ich mich insbesondere auch in meiner Funktion als entwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion dafür, dass wir den Entwicklungsländern dabei helfen, ihr Wirtschaftswachstum vom C02-Wachstum abzukoppeln. Dies geht am besten durch die Verbreitung Erneuerbarer Energien. Da Deutschland in dieser Branche zudem Weltmarktführer ist, können wir damit sogar noch einen Beitrag leisten, um die deutsche Exportwirtschaft zu stützen und neue Märkte und Arbeitsplätze zu erschließen.
Augsburg – und damit meine ich auch den Wirtschaftsraum – ist bereits heute Vorreiter und Projektstadt auf dem Gebiet des Umweltschutzes. Nicht nur dass mit KUMAS ein eng geknüpftes und aktives Netzwerk mit Firmen und Verbänden auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien und des Umweltschutzes bietet. Zudem haben das umwelttechnologische Gründerzentrum (UtG), das Wissenschaftszentrum Umwelt (WZU) und das Landesamt für Umweltschutz (LfU) ihren Sitz in Augsburg. Auch die Stadtwerke spielen sowohl beim öffentlichen Personennahverkehr eine umweltpolitische Vorreiterrollen, indem Ihre Busflotte fast ausschließlich mit Gasantrieben fährt, als auch im Energieerzeugungsbereich, indem diese vermehrt auf Wasserkraft und erneuerbare Energien und Kraftwärmekopplung setzen.
Mit der ansässigen Industrie haben wir weltweite Vorbilder hier in Augsburg. An erster Stelle möchte ich OSRAM erwähnen, die hier in Augsburg die Sparlampen in alle Welt verschiffen und damit sicherlich einen großen Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Wenn Sie sich in den Augsburger Neubaugebieten umsehen, so werden Sie mittlerweile zahlreiche Passivhäuser und Häuser mit Photovoltaik und Photothermie-Anlagen auf ihren Dächern entdecken.
Die Stadt selbst bemüht sich derzeit unter hohem Kostenaufwand, in ihren städtischen Gebäuden, Schulen und Kindergärten energetische Sanierungen durchzuführen. Hier könnten wesentliche Energieverluste eingespart werden. Doch um mehr in die erneuerbaren Energien zu investieren, fehlt im Moment noch das nötige Geld. Ich sehe hierbei die Stadtwerke erhöht in der Pflicht.
Es werden derzeit Pläne überlegt, das neue Fußballstadion mit flexiblen Solarfeldern einzuhausen. Fände ich zum Beispiel eine tolle Sache.
Landsberg am Lech war 2007 die sonnenreichste Stadt Deutschlands und das Lechfeld die sonnenreichste Gegend der Republik. Wie Sie selbst sehen konnten sprudelten die Solarfelder bei Kissing und Lager Lechfeld nur so aus dem Boden.
Die Umweltstadt Augsburg lebt vor allem aus den Initiativen der Mitglieder von KUMAS und jedem Einzelnen von uns. Die Stadt kann nur einen kleinen Teil dazu beitragen, in dem sie Förderprogramme ausschreibt oder den Mitbürgern beratend zur Hand steht. Hinsichtlich der investiven Maßnahmen kann sie leider auf nur begrenzte finanzielle Ressourcen zurückgreifen und muss Prioritäten setzen.
Ich werde auch hier vor Ort weiter das Umweltnetzwerk pflegen und die entsprechenden Stellen bei KUMAS, WZU, LfU, Stadt Augsburg und den Stadtwerken zu mehr Investitionen und Forschungen auf dem Umweltsektor anregen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Christian Ruck, MdB