Portrait von Christian Ranft
Christian Ranft
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Christian Ranft zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Steffen H. •

Frage an Christian Ranft von Steffen H. bezüglich Verkehr

Hallo,

der inner- und außerstädtische Verkehr wird vom Automobil dominiert. Es gibt Ansätze, Jena und das Weimarer Land mit Radwegen zu verbinden.
Wie stehen Sie zum Ausbau des Radwegenetzes? Ginge damit ein Straßenrückbau einher (Stichwort: Flächenversiegelung)?
Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Kombination ÖPNV+Fahrrad attraktiver zu machen?

Vielen Dank

Portrait von Christian Ranft
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Als leidenschaftlicher Rad- UND Autofahrer sage ich Ihnen: Her mit dem Radwegenetz! Der Ausbau der Radwegenetze in und zwischen Städten und Gemeinden fördert neben Tourismus (ländlicher Raum) nachweisbar auch die Bereitschaft innerorts eher auf's Rad zu steigen.

Leider gibt es gerade in Städten (Bsp. Erfurter Juri-Gagarin-Ring, Ecke Videothek) gravierende Negativbeispiele gutgemeinter aber völlig fehlgeleiteter "Straßenbemalung". Da werden dringend benötigte zweispurige Hauptverkehrsadern für uns Radfahrer derartig verengt, beschildert, umgeleitet, dass sich selbst Radfreunde nur noch an den Kopf greifen können... Ein gutes Konzept, das oft Zustimmung findet, ist das der überbreiten oder gemischten Fahrspuren, vorzugsweise mit separat gekennzeichnetem Radweg. Beispiel: Statt zwei Spuren für LKW ohne Radweg (| ' |) werden eine PKW, eine LKW und ein Radweg angelegt (| ' :|). Untersuchungen zeigen, dass es auf solchen Strecken trotz hinzugefügtem Radweg bei gleichbleibender Gesamtbreite kaum zu Verkehrsbeeinträchtigungen kommt.

Außerorts ist der Ausbau des Radwegenetzes zwangsläufig mit neuer Flächennutzung (die nicht immer versiegelt sein muss!) verbunden, denn auf unseren "traditionell" schmalen Bundesstraßen und den gerade in Thüringen oft SEHR engen Landstraßen und Gemeindezufahrten ist es völlig undenkbar Radwege auszuzeichnen (was natürlich auch einen deutlich geringeren Flächenverbrauch des Straßennetzes im Vergleich mit anderen Bundesländern bedeutet!). Es bedarf also guter Gesamtkonzepte für die Radwegenetze inkl. ausführlicher Beschilderung (Ortschaften, Sehenswürdigkeiten, etc.), Erwähnung in neuen Radwander- und Tourismusführern und natürlich der von Ihnen schon angesprochenen Vernetzung mit dem ÖPNV. Eine (bessere) Koordinierung zwischen den Gemeinden und Städten wäre hier wünschenswert!

Die Möglichkeit für Straßenrückbau sehe ich in der Zukunft ebenfalls. Angesichts der anhaltenden Abwanderung in die Städte können zu erneuernde Straßen durchaus auch herabgestuft und damit verkleinert werden, wenn es entsprechende Verkehrsanalysen sinnvoll erscheinen lassen. Hier gilt ganz klar das Gegenteil von "höher, schneller, breiter". Die gewonnenen Streifen können dann z.B. für den Ausbau eines nicht versiegelten Radwegenetzes genutzt werden.

Für die Kombination ÖPNV+Fahrrad sehe ich folgende Handlungsbereiche als besonders wichtig an:

1. Die Taktung aller öffentlichen Verkehrsmittel und die Abstimmung zwischen verschiedenen ÖPNV-Anbietern muss weiter verbessert werden: v.a. gleichmäßigere und kürzere Takte auf Hauptverkehrsstrecken. Während die Taktung vorrangig eine Frage des Entschlusses in Vorstandsetagen und Chefzimmern ist, könnten bei der gegenseitigen Abstimmung zwischen verschiedenen ÖPNV-Betreibern unsere Fortschritte in der Softwareentwicklung zur Lösung und Optimierung solcher Problemstellungen noch deutlich effektiver eingesetzt werden!

2. Die Ermöglichung, der Ausbau und die Weiterentwicklung der Fahrradtransportmöglichkeiten sowohl in Zügen, aber vor allem in Bussen ist die nächste große Baustelle. Ohne zu übertreiben: Millionen Radfahrer wünschen sich endlich auch im ICE mit ihrem Rad unterwegs sein zu können! Und wenn dann schließlich auch (mehr) Busse Radfahrer transportieren würden - ja, dann würden wir im Zusammenspiel mit oben genannten Optimierungen egal ob auf dem Weg zur Arbeit in die/der Stadt, quer durch Deutschland oder im Urlaub vermutlich eine Revolution des Radfahrens erleben...