Frage an Christian Prachar von Uwe R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Prachar,
durch das Wahlgesetz wird mehreren Tausend Menschen die Ausübung des Wahlrechts verwehrt.
Ich zitiere aus dem Bundeswahlgesetz, § 13/ Ausschluß vom Wahlrecht:
"Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist, ...
2. derjenige, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; ..."
(Die heute falsche Rechtschreibung mit dem "ß" wurde trotz mehrfacher Änderungen des Wahlgesetzes nicht korrigiert).
Wie beurteilen Sie die Tasache, dass allein eine ständige Betreuung schon ausreicht, dass man sein Wahlrecht verliert?
Absurd wird diese Praxis auch dadurch, dass einige Bundesländer diesen Wahlrechtsverlust für ihre Landtagswahlen und Kommunalwahlen bereits abgeschafft haben und die UN ausdrücklich auch Behinderten bzw. Betreuten das Wahlrecht zuerkennt.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
U. R.
Sehr geehrter Herr Reinecke,
vielen Dank für Ihre Frage, die gleich mehrere Missstände aufzeigt. Auch ich bin zwar ein bekennender Freund des „ß“, durch dessen Nutzung unter anderem auch das soeben verwendete Wort „Missstände“ deutlich eleganter aussähe, als mit drei „s“ in Folge. Da dies im zitierten §13 des Bundeswahlgesetzes aber offenbar nicht verändert wurde (entgegen der aktuell gültigen Rechtschreibung), gehe ich davon aus, dass dieser Paragraph ungültig ist. Dies wird nach erfolgreicher Wahl umgehend von uns geprüft. Möglicherweise führt dies zur Wiederholung der Bundestagswahl, das machen wir als PARTEI vom Wahlergebnis abhängig.
Ich bin selbst schockiert, dass ein solcher Paragraph bis in heutige Zeiten überdauert hat. Schränkt er doch ein nicht unerhebliches freiheitliches Grundrecht der Betroffenen entscheidend ein. Weshalb mal als Person, die eine ständige Betreuung nötig hat, nicht fähig sein soll, sein Wahlrecht auszuüben, ist für mich nicht begründbar. Viele Menschen, die möglicherweise einzig aufgrund körperlicher Einschränkungen oder leichter geistiger Behinderungen davon betroffen sind bzw. wären, sollten auf jeden Fall aktiv an demokratischen Wahlen teilnehmen dürfen!
Ungeachtet dessen befindet sich die von Ihnen exemplarisch genannte UN natürlich in einem gewissen Zwiespalt. Man sieht ja, was passiert, wenn Menschen, die aufgrund ihres Verhaltens zweifellos eine kompetente und dauerhafte Betreuung benötigen, diese nicht erhalten: Sie leben plötzlich in ihrer ganz eigenen Welt und nutzen sogar das passive Wahlrecht, um politische Ämter zu bekleiden (Trump, Erdogan, eingeschränkt, da nicht demokratisch legitimiert, auch auch Kim Jong-un und andere). Würden diese Menschen die Betreuung erhalten, die sie benötigen, würde dies beweisen, daß ständige Betreuung die Fähigkeiten der Betreuten nicht zwingend einschränkt.
Es wird tatsächlich Zeit, derart überholte Gesetze und Vorschriften zu verändern. Moderne Turbopolitik, wie sie die PARTEI betreibt, wird dies nach der Machterwählung möglich machen. Damit die Lethargie der Regierenden nach Jahren des GroKo-Stillstandes endet und endlich alle Menschen, die Teil der Gesellschaft sind, auch wieder aktiv an der Demokratie teilhaben dürfen!
Freundliche Grüße, Dr. Christian Prachar, Ihr MdB in spe