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Frage von Hannah K. •

Frage an Christian Lange von Hannah K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Lang!

Ich bin Studentin in Bayern, stamme aber aus Schwäbisch Gmünd und werde demnächst ein Referat bei einem Auswahlseminar der Studienstiftung zum Thema ´Ermöglicht das Internet mehr Demokratie?´ halten.
Hierzu hätte ich ein paar Fragen an Sie:

a) Halten Sie persönlich die (fast verpflichtende?) Selbstdarstellung und Selbstoffenbarung von Abgeordneten im Netz für sinnvoll?
Wieviel Zeit verwenden Sie auf die Beantwortung von Bürgeranfragen und hat sich dieser Zeitaufwand in den letzten Jahren erhöht? Ist es den Bundestagsbgeordneten möglich, diese Zeit aufzubringen oder wäre es sinnvoller, zur Web 1.0-Praxis der Informationsdarstellung durch die Abgeordneten ohne den eingebauten Rückkanal zurückzukehren?

b) Halten Sie persönlich die (fast verpflichtende?) Selbstdarstellung und Selbstoffenbarung von Abgeordneten im Netz für richtig?

c) Glauben Sie, dass durch Seiten wie abgeordnetenwatch.de die Demokratie-Verdrossenheit gemindert werden könnte?

d) Halten Sie es für möglich oder wahrscheinlich, dass sich durch ähnliche Austauschforen die Meinung einiger politisch Interessierter mit meist höherem Bildungsgrad überproportional stark in der Haltung der Abgeordneten niederschlägt?

e) Ist abgeordnetenwatch.de Ihrer Meinung nach ein direkter Ausdruck von Demokratie? Oder ist es das nicht, weil nicht alle gleichermaßen davon erreicht werden?

Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn Sie meine Fragen beantworten könnten.
Vielen Dank im Voraus!

Mit freundlichen Grüßen, Hannah Klötzer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Klötzer,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 20.01.2009. Gerne beantworte ich Ihre Fragen zur Vorbereitung Ihres Referats für das Auswahlseminar der Studienstiftung.

a) Halten Sie persönlich die (fast verpflichtende?) Selbstdarstellung und Selbstoffenbarung von Abgeordneten im Netz für sinnvoll?

Ja, ich halte diese für sehr sinnvoll. Wenn man sich den us-amerikanischen Wahlkampf ansieht, der mittlerweile nicht mehr nur ein TV-Medienwahlkampf ist, sondern sich auch stark der Möglichkeiten des Internet bedient hat, zeigt uns dies die Richtung auf. Über das Internet wird es mehr als mit konventionellen Methoden möglich sein, Wählergruppen gezielt anzusprechen und auch den Austausch zwischen Wählerinnen und Wählern und Kandidaten auszubauen und zu individualisieren.

b) Wieviel Zeit verwenden Sie auf die Beantwortung von Bürgeranfragen und hat sich dieser Zeitaufwand in den letzten Jahren erhöht? Ist es den Bundestagsabgeordneten möglich, diese Zeit aufzubringen oder wäre es sinnvoller, zur Web 1.0-Praxis der Informationsdarstellung durch die Abgeordneten ohne den eingebauten Rückkanal zurückzukehren?

Ich bemühe mich, auf Bürgeranfragen so schnell wie möglich zu antworten. Durch die elektronischen Medien ist das Aufkommen an zu bearbeitenden Anfragen sehr stark angestiegen. Um eine Zahl zu nennen: In den letzten 10 Jahren meiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter haben mich, neben den üblichen Bürgerbriefen rund 1 095 000 Emails erreicht. Allein die Sichtung der Emails nach Relevanz nimmt einen immer größeren Teil der Arbeitzeit ein. Dabei erleichtert das Medium Internet und die elektronischen Medien, den Kontakt zum Abgeordneten herzustellen. Dies zeigt sich insbesondere in einer starken Zunahme der Anfrage, die mich auf elekronischem Wege erreichen. Selbstverständlich mache ich diese Arbeit nicht alleine, sondern beschäftige mehrere Mitarbeiter, die Briefe und E-Mails vorsortieren und Antwortentwürfe für mich anfertigen. Alleine wäre die Menge der zu bearbeitenden Anfragen sicherlich nicht zu bewältigen.

Es ist im Übrigen eine Ausnahme, dass Sie sozusagen postwendend eine Antwort von mir erhalten. Die Besonderheit der Situation die Nähe des Auswahlseminars - und Ihre heimatlichen Wurzeln in meinem Wahlkreis haben mich bewogen, Ihre Anfrage vorzuziehen. Die Regel kann das aber nicht sein aufgrund der Vielzahl der Schreiben, die mich erreichen.

c) Glauben Sie, dass durch Seiten wie abgeordnetenwatch.de die Demokratie-Verdrossenheit gemindert werden könnte?

Nein, das glaube ich nicht. Abgeordnetenwatch schafft nur eine weitere Möglichkeit, mit dem Abgeordneten in Kontakt zu treten. Diese Anfragen behandle ich, wie alle anderen Anfragen auch. Im Übrigen habe ich auch auf meiner Homepage ein Kontaktformular eingerichtet, um es interessierten Bürgerinnen und Bürgern einfach zu machen, mich zu erreichen. Ob dies aber die allgemeine Politikverdrossenheit mindert, bezweifle ich. Dazu gehört m.E. mehr, nämlich persönliche Integrität, Glaubwürdigkeit und politische Überzeugungen, für die man zu kämpfen bereit ist.

d) Halten Sie es für möglich oder wahrscheinlich, dass sich durch ähnliche Austauschforen die Meinung einiger politisch Interessierter mit meist höherem Bildungsgrad überproportional stark in der Haltung der Abgeordneten niederschlägt?

Nein, das glaube ich nicht. Ich bemühe mich auch wenn mich verstärkt Anfragen auf
elektronischem Wege erreichen den Blick auch für jene Bürgerinnen und Bürger zu
behalten, die mir handschriftlich oder persönlich über ihre Sorgen und Anliegen berichten.

e) Ist abgeordnetenwatch.de Ihrer Meinung nach ein direkter Ausdruck von Demokratie?
Oder ist es das nicht, weil nicht alle gleichermaßen davon erreicht werden?

Nein, das ist es nicht, denn wie Sie schreiben sind nicht alle Bevölkerungsschichten
gleichermaßen mit den neuen Medien vertraut oder nutzen diese.

Viel Erfolg für das Auswahlseminar am Wochenende!

Mit freundlichen Grüßen

Christian Lange