Frage an Christian Lange von Melanie M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Die Staaten die die größte Überwachung ihrer Bürger, oft unter dem Vorwand sie dadurch zu schützen, durchführen, unterdrücken ihr Volk am Meisten; Beispiele sind in der jüngsten Vergangenheit Deutschlands (drittes Reich, DDR), aber auch anderswo in der Weltpolitik zu finden.
Historische Konsequenz ist das Grundgesetz: Artikel 1 bis 19 sind
verbriefte Abwehrrechte der Deutschen, die ihn vor Übergriffen des Staates schützen sollen.
Nun wird im Bundestag der "Schäuble-Katalog" diskutiert, darin zu finden sind:
die Aufhebung der Trennung zwischen äußerer und innerer Sicherheit,
Präventivbefugnisse für das BKA, Vereinfachungen beim großen
Lauschangriff, Rasterfahndungen, heimliche Online-Durchsuchungen von Computern, die Nutzung der LKW-Maut-Daten zur Aufklärung von Straftaten. http://www.heise.de/ct/07/09/038/
Außerdem werden TK-Daten präventiv gespeichert
http://www.heise.de/newsticker/meldung/88846, immer mehr biometrische Daten werden gespeichert und vernetzt http://tinyurl.com/2duvwx usw
Das Volk steht unter Generalverdacht wegen einer Gefahr durch die weniger Menschen in Deutschland sterben als durch tausende andere Dinge, die dennoch nicht verboten sind.
Ich kann verstehen, daß man Sicherheit zu ereichen versucht. Aber meine Freiheit ist mir auch etwas wert. Und der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit ist zu wahren! Selbst wenn ich im strafrechtlichen
Sinn nichts zu verbergen habe, so habe ich doch ein Schamgefühl, eine Privatsphäre, die ich nicht an die Haustüre pinnen will, auch wenn nichts Illegales darin stattfindet.
Außerdem haben alle diese geplanten Maßnahmen eines gemeinsam: sie können mißbraucht werden, sind unsicher vor Manipulation und Ausspähung durch politisch http://tinyurl.com/29ztoq oder wirtschaftlich http://tinyurl.com/28uxjh motivierte Kriminelle. Kein Datennetz ist unfehl- oder unantastbar und Unversehens sind die Leben Unschuldiger zerstört.
Wie stehen Sie zu all diesen präventiven und überwacherischen Maßnahmen?
Sehr geehrte Frau Mazur,
mit Ihrem Schreiben vom 26. April 2007 haben Sie Bedenken gegenüber der gesetzgeberischen Umsetzung der europäischen Richtlinie zur „Vorratsdatenspeicherung“ formuliert.
Die grundsätzlich bis Herbst 2007 umzusetzende Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten und damit auch Deutschland zur Einführung von Speicherungspflichten für bestimmte Telefon- und Internetdaten zu Zwecken der Terror- und Verbrechensbekämpfung für eine Dauer von mindestens sechs und höchstens 24 Monaten.
Die SPD-Bundestagsfraktion nimmt sowohl ihre Verantwortung für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung als auch ihre Verpflichtung für Bürgerrechte ernst.
Sie hat ihren Vorbehalt gegen die EU-Regelung zur „Vorratsdatenspeicherung“ erst aufgegeben, nachdem die Bundesregierung in Brüssel einen zufriedenstellenden Kompromiss erzielt hat, dem letztlich auch das Europäische Parlament zustimmte. Der deutschen Regierung ist es auf europäischer Ebene gelungen, die „Vorratsdatenspeicherung“ auf das zu reduzieren, was zur Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität tatsächlich erforderlich und angemessen ist.
Dabei hatten die Initiatoren der „Vorratsdatenspeicherung“ auf EU-Ebene mit den anfänglichen Entwürfen weitergehendes vorgesehen:
So sollte die Mindestspeicherfrist zwölf Monate betragen. Durch lange und intensive Verhandlung ist erreicht worden, dass es jetzt nur noch sechs Monate sind. In der Praxis bedeutet das, dass die Unternehmen, die die relevanten Daten heute bereits für erhebliche Zeiträume zu geschäftlichen Zwecken aufbewahren, keine wesentlich längeren Speicherungen vornehmen müssen als bisher.
Ursprünglich sollten auch sog. „erfolglose Anrufversuche“ gespeichert werden. Damit konnten wir nicht einverstanden sein, denn die Speicherung dieser Daten wäre für die Telekommunikationsunternehmen sehr teuer geworden. Zudem gibt es keinen Bedarf für die Speicherung einer solchen Flut von Daten. Auch dieses Thema ist vom Tisch: „erfolglose Anrufversuche“ müssen grundsätzlich nicht gespeichert werden.
Ebenfalls gespeichert werden sollten Standortdaten am Ende von Mobilfunkverbindungen. Der Vorschlag wurde gekippt und somit verhindert, dass durch das Anlegen von engmaschigen Bewegungsprofilen in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen wird.
Beim Internet wird schließlich lediglich gespeichert, dass sich der Nutzer online befindet. Es werden ebenfalls Daten zur Internettelefonie und bezüglich der E-Mail-Dienste gespeichert. Inhalte, wie immer behauptet wird, also auch Informationen, welche Websites benutzt werden, werden auch hier nicht gespeichert. Denn Daten, die Aufschluss über den Inhalt einer Kommunikation (z.B. E-Mail oder Telefongespräch oder Seiten, die ein Nutzer aufgerufen hat) geben, dürfen nach der Richtlinie nicht gespeichert werden.
Die Richtlinie enthält Vorgaben für Regelungen zum Datenschutz und zur Datensicherheit, die mit Sanktionen bewehrt werden müssen. Die Sanktionen sollen insbesondere einen unbefugten Zugriff oder Umgang mit den Daten verhindern und die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen sichern.
Keine Alternative zur „Vorratsdatenspeicherung“ ist das sog. „quick freeze“-Verfahren. So können mit diesem Verfahren etwa „Phishing-Mail“-Fälle zumeist nicht verfolgt werden. Phishing-Mails sind fingierte E-Mails, welche als vermeintliche Absender z.B. Deutsche Bank, Commerzbank und Raiffeisen-Volksbank ausweisen. Mit diesen E-Mails wird nach den persönlichen Daten wie PIN und TAN gefragt. Darauf fallen Leute rein. Die Täter sind nicht identifizierbar, weil sie dynamische IP-Adressen und Pauschaltarife benutzen, bei denen die wichtigen Verkehrsdaten heute nicht gespeichert werden dürfen.
Richtig ist, dass die Frage strittig war und ist, ob die Richtlinie oder ein Rahmenbeschluss das richtige Rechtsinstrument zur Regelung der „Vorratsdatenspeicherung“ ist. Richtig ist auch, dass wir Bedenken hatten, die „Vorratsdatenspeicherung“ auf eine Richtlinie zu stützen. Rechtsgutachten der Kommission und des Rates sprachen jedoch für eine Richtlinie.
Irland hält die Richtlinie nicht für die richtige Grundlage und hat beim Europäischen Gerichtshof Klage erhoben. Die Slowakei teilt wohl die Auffassung Irlands, hat sich der Klage allerdings bislang nicht angeschlossen. Ob die Klageerhebung zum Schutz von Bürgerrechten erfolgte, darf bezweifelt werden: Irland hat derzeit bereits eine Vorratsdatenspeicherfrist von 36 Monaten.
Wie schon auf europäischer Ebene werden wir auch auf nationaler Ebene bei der Umsetzung der Richtlinie den sachgerechten Interessenausgleich zwischen den Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger und dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung im Blick behalten und für eine Speicherung mit Augenmaß sorgen.
Zur Umsetzung ins nationale Recht hat die Bundesregierung jüngst im Kabinett einen Entwurf beschlossen, der die Vorschriften für die Telekommunikationsüberwachung und andere verdeckte Ermittlungsverfahren im Strafverfahren neu ordnet. Ebenfalls enthalten sind Regelungen, mit denen die Vorgaben aus der besagten EU-Richtlinie umgesetzt werden.
Sehr geehrte Frau Mazur, wie Sie sicherlich der Presse entnommen haben, treten wir Sozialdemokraten sehr deutlich für Datenschutz ein. Maßnahmen oder Regelungen, die nicht der Sicherheit dienen, aber der persönlichen Freiheit der Bürgerinnen und Bürger schaden, werden wir nicht akzeptieren!
Ich hoffe, ich konnte Ihnen hiermit weiterhelfen. Für weitere Rückfragen können Sie sich jederzeit direkt an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lange