Frage an Christian Hirte von Arthur A. bezüglich Finanzen
Werter Herr Hirte!
Herzlichen Dank für die Teilbeantwortung meiner Frage.
Vermißt habe ich allerdings Ihre Meinung - wie die Haupteigentümer der Banken mit in Regress genommen werden müßten?
Eine weitere Frage drängt sich mir auf : " Wem gehört eigentlich die Staatsbank der Bundesrepublik ?"
Für die Beantwortung dieser Fragen möchte ich mich schon im Voraus bedanken.
Arthur Altenhof
Sehr geehrter Herr Altenhof,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich Ihnen sehr gerne und ausführlich beantworten möchte:
Die Soziale Marktwirtschaft, das Leitbild Wirtschaftspolitik von CDU und CSU, gebietet einen festen Ordnungsrahmen für die Finanzmärkte. Schließlich haben die Finanzmärkte eine dienende Funktion für Verbraucher. Umso wichtiger ist, dass die Finanzmärkte ihrer unterstützenden Aufgabe gerecht werden. In den vergangenen Jahren war es zu gefährlichen Übertreibungen gekommen, die beeinflusst waren von zu viel flüssigem Geld, das durch extrem niedrige Zinsen der US-amerikanischen Notenbank sowie dem starken Wachstum der globalen Wirtschaft zur Verfügung stand. Zudem war es Ziel der US-amerikanischen Regierung, dass ihre Bürger weitgehend ein Eigenheim in persönlichem Eigentum bewohnen sollen. Viele glaubten aber, eine Art Perpetuum Mobile sei erfunden worden, das dauerhaft Gewinnsteigerungen bei Banken hervorbringen könne.
Unter der rot/grünen Bundesregierung zu Beginn des neuen Jahrtausends hat sich auch Deutschland von dem ordnungspolitischen Leitbild klarer Planken für den Finanzmarkt gelöst und zu sehr dem angloamerikanischen Laissez-faire-Prinzip nachgestrebt. Produkte, deren Namen kaum auszusprechen sind, wurden zum Ideal; und gerade deutsche Banken kauften Verbriefungen von Immobilienkrediten in den USA, ohne Bonität und Nachhaltigkeit dieser Politik zu hinterfragen.
Die Finanzmarktstabilisierungsgesetze, die wir nach der Lehman-Pleite auf den Weg brachten, sind eine Schnellreaktion auf die Krise. Jetzt heißt es, dauerhaft die Ideale der Sozialen Marktwirtschaft zu etablieren, und zwar weltweit, durch eine angemessene und vernünftige Regulierung. Als Folge der Finanzmarktkrise mit all ihren negativen Auswirkungen muss also für uns gelten, dass erstens eine Krise wie die vergangene in Zukunft auf jeden Fall zu vermeiden ist, und zwar durch harte Regulierung. Zweitens sind die Banken, die von den Maßnahmen des Staates profitiert haben, an den Kosten des Staates, der Steuerzahler also, zu beteiligen. Und Drittens darf der Staat, mithin wir Steuerzahler, in Zukunft nicht mehr erpressbar sein. Ausnahmslos alle Maßnahmen, die derzeit auf dem Tisch liegen, sind intensiv und zügig zu prüfen.
Scheitern gehört zur Marktwirtschaft. Daher müssen auch Banken in die Insolvenz gehen können, ohne dass es weltweite Verunsicherungen wie nach der Lehman-Pleite gibt, die fast das gesamte globale Wirtschaftssystem gekippt hätten. Die etablierten Instrumente zur Bewältigung von Unternehmensschieflagen bei systemrelevanten und vernetzten Banken haben Schwächen offenbart. Durch staatliche Stabilisierungsmaßnahmen, die die Fortführung des Geschäftsbetriebs ermöglichen, müssen in Zukunft solche negative Dominoeffekte dauerhaft vermieden werden. Zugleich sollen negative Anreize für das Risikoverhalten von Bankmanagement, Investoren und Gläubigern gesetzt werden. Deshalb besteht das dringende Bedürfnis, auch für systemrelevante Banken Instrumente vorzuhalten, die im Krisenfall eine geordnete Reorganisation ermöglichen und Anteilseigner und Gläubiger angemessen an der Rettung beteiligen. Wir diskutieren diese Maßnahmen in der CDU/CSU-Fraktion intensiv und entwickeln eigene Konzepte. Dabei könnte die Finanzmarktstabilisierungsanstalt, der SoFFin, der die dem Finanzmarkt zur Absicherung zur Verfügung gestellten 480 Mrd. € überwacht, eine tragende Rolle einnehmen, etwa durch die Sicherstellung von Zahlungsströmen, wenn eine Bank in Schwierigkeiten gerät.
Die deutschen Banken könnten auch nach US-Vorbild an den Kosten der Finanzkrise beteiligt werden. Eine Banken-Abgabe, wie US-Präsident Barack Obama sie vorschlägt, hätte allerdings meines Erachtens mehr Charme als eine Börsenumsatzsteuer. Eine solche Abgabe ist prinzipiell auch in Deutschland vorstellbar. Kernstück wäre eine Sonderabgabe, die die Banken für die Dauer von etwa 10 Jahren eine abführen. So könnte zumindest ein Teil der aufgenommen Schulden zurückgezahlt werden.
Wir diskutieren auch einen Abwicklungs- und Umbaufonds. Ein solcher Fonds könnte ein Schlüsselinstrument sein für eine faire Beteiligung des Bankensektors an den Kosten bei der Bewältigung möglicher zukünftiger Krisen. Zugleich ist er ein Beitrag zur Beseitigung der Fehlanreize durch das Too-Big-To-Fail-Problem. Dabei dürfen wir aber nicht die unser System stabilisierenden kleinen und mittleren Banken über Gebühr belasten. Daher erarbeiten wir Lösungen, wie systemrelevante Banken zu definieren sind, die in diesen Fonds einzahlen sollen. Zu klären ist, welches Institut zahlt, wer wie viel in den Fonds einzahlt und wie die steuerliche Absetzbarkeit solcher Beiträge zu behandeln ist. Eine auf dem ersten Blick charmante Lösung beinhaltet mithin zahlreiche Detailfragen.
In den letzten Tagen haben die Vorschläge des US-Präsidenten Obama zur Neuordnung des Bankensystems nicht nur die Aktienmärkte bewegt. So begehrt er, dass Universalbanken nicht länger Eigenhandel betreiben, in Hedge Fonds oder Privat Equity Fonds investieren oder solche als Eigentümer halten dürfen. Der Vorschlag ist inhaltlich noch sehr unklar und enthält nicht unerhebliche Abgrenzungsprobleme. In Deutschland haben wir seit jeher ein vergleichsweise stabiles Universalbankensystem von Privatbanken, Volks- und Raiffeisenbanken und Sparkassen. In Deutschland den Vorschlägen zu folgen und erstmalig ein Trennbankensystem einzuführen, wäre ein nicht ungefährlicher Eingriff, der die Struktur unserer Bankenlandschaft erheblich verändern und das Privatkundengeschäft berühren würde. Wichtiger ist es, für Bankgeschäfte mit höherem Risiko auch mehr Eigenkapital einzufordern. Weiter begehrt Obama, die zunehmende Risikokonzentration in den USA bei wenigen großen Finanzinstituten zu begrenzen, indem Verbindlichkeiten mit einer Obergrenze versehen werden. Die Finanzkrise in Deutschland hat gezeigt, dass Banken mit relativ kleiner Bilanzsumme bereits als systemisch gelten können, wie etwa die IKB. Darüber hinaus könnte ein Bankensystem ohne größere Banken die Versorgung mit Großkrediten für Unternehmensfinanzierungen nur noch eingeschränkt sicherstellen. International in der Abstimmung befinden sich neue strengere Vorgaben zur Eigenkapitalunterlegung der Risiken, die Banken eingehen. Die derzeitigen Basel II Vorgaben wirken krisenverschärfend, da sie in „guten“ Zeiten eine geringe Eigenkapitalanforderung enthalten, in „schlechten“ Zeiten aber diese anziehen, was wiederum Kredite für Unternehmen und Private verteuert. Hierbei müssen wir darauf achten, dass deutsche Besonderheiten der Eigenkapitalzusammensetzung bei Neuformulierungen beachtet werden.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage erschöpfend beantworten konnte. Was die Frage des Eigentums an der Deutschen Bundesbank betrifft, haben Sie die Frage bereits selbst beantwortet. Die Bundesbank steht im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. Gemäß § 2 Bundesbankgesetz ist die Deutsche Bundesbank eine bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts. Ihr Grundkapital im Betrage von 2,5 Milliarden Euro steht dem Bund zu. Die Bank hat ihren Sitz in Frankfurt am Main.
Viele Grüße
Christian Hirte MdB