Fühner MdL
Christian Fühner
CDU
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Frage von Christian H. •

Was halten Sie als ehemalige Lehrkraft von den Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der KultusministerkonferenzSWK für Schritte gegen den Lehrermangel?

Sehr geehrter Herr Fühner,
in einem informellen Zusammenschluss niedersächsischer Lehrkräfte aller Schulformen und Regionen kam die Idee auf, Sie und die anderen sieben Landtagsabgeordneten mit Lehrererfahrung dazu zu befragen, was sie mit der Doppelperspektive und -expertise von Schule und Politik von den Empfehlungen der halten.
Sie finden den Text unter https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/KMK/SWK/2023/SWK-2023-Stellungnahme_Lehrkraeftemangel.pdf. Praktischerweise gibt es auf Seite 4 eine Kurzzusammenfassung der Empfehlungen.

Ich bitte Sie um eine begründete Antwort auf zwei Fragen:
Welche drei Maßnahmen der Kommission halten Sie für besonders geeignet?
Welche drei Empfehlungen sehen Sie besonders kritisch?

Danke im Voraus für Ihre Antwort.

Christian H., Wendland

Fühner MdL
Antwort von
CDU

Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz hat zu Beginn dieses Jahres in ihrer Stellungnahme „Empfehlungen zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel“ konstatiert, dass der Mangel an qualifiziertem Personal mittlerweile in dramatischer Art und Weise fast alle Segmente des Arbeitsmarktes präge, so auch den Teilarbeitsmarkt Schule. Der Mangel bedrohe die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung und beeinträchtige auch die Qualität des Unterrichts. Die Diskussion darüber halte ich zunächst einmal für richtig. Die Antworten der SWK sind hingegen wenig mit den alltäglichen Herausforderungen in den Schulen kompatibel und führen aus meiner Sicht eher zu einer Mehrbelastung von Lehrkräften. 

Angesichts der dramatischen Entwicklungen muss dem Lehrkräftemangel entschlossen begegnet, Rekrutierungskonzepte aufgelegt und die Unterrichtsversorgung nachhaltig verbessert werden. Durch bessere Bezahlung der Lehrkräfte, durch Anreize für mehr Vollzeit statt Teilzeit, durch attraktivere Rahmenbedingungen, durch eine gute Organisation des Ganztagsbetriebs, durch mehr und besser qualifizierte Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, durch eine passgenaue Planung der Studienkapazitäten, eine zeitgemäße Ausbildung und einen Abbau überbordender Bürokratie im Schulwesen 

 Nachfolgende Ansätze habe ich deshalb in den Landtag eingebracht. 

  1. die A13-Besoldung für alle Lehrkräfte sofort mit dem Nachtragshaushalt 2023 einzuführen, um im Vergleich mit anderen Ländern wie Nordrhein-Westfalen und Hessen konkurrenz- und wettbewerbsfähig zu bleiben, 

  2. die Finanzhilfe für Schulen in freier Trägerschaft entsprechend anzupassen, 

  3. Anreize zu setzen, um Teilzeitkräfte zu motivieren, Stunden aufzustocken bspw. durch eine Aufstockung des Schulbudgets pro hinzugewonnener Arbeitsstunde 

  4. die Mehrarbeitsvergütung für Lehrkräfte je Unterrichtsstunde um 15 Prozent zu erhöhen, um Lehrkräfte zu motivieren, zusätzlich zu ihrem Stundendeputat weitere Unterrichtsstunden zu erteilen, 

  5. die Rahmenbedingungen der Arbeitszeitkonten stärker zu flexibilisieren,  

  6. Lehrkräfte aus den Betreuungsangeboten des Ganztages abzuziehen und diese im Kernunterricht einzusetzen 

  7. mehr pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, freie Mitarbeiter (bspw. Coaches, Pädagogen) und Vereine sowie Institutionen im Ganztagssystem einzusetzen, um Ressourcen für den Unterricht freizusetzen und den Ganztagsbetrieb dennoch sicherzustellen, 

  8. bei der Einstellung Ehrenamtlicher bürokratische Hürden zu senken und den Schulen ein auskömmliches Budget zur Finanzierung des Ganztages zur Verfügung zu stellen, 

  9. ein attraktives berufsbegleitendes Quereinsteiger-Studium einzuführen, das praxisnahe Pädagogik für Berufserfahrene mit unterschiedlicher beruflicher Vorbildung vermittelt, 

  10. eine schnellere und unbürokratischere Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse, vor allem aus der EU, umzusetzen, 

  11. die Eigenverantwortlichkeit der Schulen bei der Personalauswahl zu stärken 

  12. zwischen Kultus- und Wissenschaftsministerium ein mittel- und langfristig fachspezifisches Kalkulationsbedarfsmodell zu etablieren, um Steuerungsprobleme zu vermeiden und gezielt die Studienfächerkapazität ausbauen zu können, die entsprechende Bedarfe aufweisen 

  13. die Studienseminare, vor allem im ländlichen Raum, gezielt zu stärken und deren Kapazitäten passgenau aufzustocken beziehungsweise voll auszulasten,  

  14. zu prüfen, ob die Verteilung der Studienseminare insbesondere im ländlichen Raum, mit Blick auf stark unterversorgte Regionen, noch den aktuellen Anforderungen entspricht,  

  15. die Lehramtsausbildung noch praxisnäher zu gestalten, um späte Abbrüche, vor allem in der Masterphase, zu vermeiden, 

  16. die Möglichkeiten eines dualen Studiums der Lehramtsausbildung zu prüfen,

  17. die Zuweisung der zur Verfügung stehenden Lehrerstunden effizienter zu gestalten, damit Lehrkräfte primär für die Erfüllung der Unterrichtsverpflichtungen/ Stundentafeln eingesetzt werden,  

  18. zusätzliche unterrichtsfremde Aufgaben und dahinterstehende Anrechnungsstunden dauerhaft von nicht lehrendem Personal wahrnehmen zu lassen bzw. zu besetzen 

  19. das Modellprojekt „Verwaltungsassistenz“ zu evaluieren und bei Erfolg in dauerhafte Strukturen zu überführen,  

  20. Lehrkräften, die freiwillig länger arbeiten wollen, die Möglichkeit zu bieten, länger als die bisherigen drei Jahre im Schuldienst aktiv zu bleiben, 

  21. pensionierten Lehrkräfte, die wieder unterrichten wollen, die Möglichkeit zu bieten, schneller und unbürokratischer in den Schuldienst zurückzukehren, ohne neue Einstellungsverfahren.   

 

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