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Christian Ehler
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Frage von Fabrice S. •

Was werden Sie persönlich gegen Eltern-Kind-Entfremdung unternehmen?

Sehr geehrter Herr Ehler,
Eltern trennen sich und Kinder verlieren den Kontakt zu einem geliebten Elternteil. Manche Trennungskinder werden von Mutter oder Vater gezwungen, den anderen Elternteil abzulehnen, meist ohne dass der abgelehnte Elternteil sich etwas hat zu Schulden kommen lassen. Die Kinder werden manipuliert und instrumentalisiert, sie werden zu Opfern psychischen Kindesmissbrauchs. Eltern-Kind-Entfremdung ist eine schwere Form psychischen Missbrauchs an Kindern.
Meine inzwischen erwachsene Tochter ist Opfer einer Eltern-Kind-Entfremdung. In der Folge hat sie sich bereits zweimal versucht das Leben zu nehmen und muss dauerhaft psychisch betreut werden. Das Amtsgericht und das Jugendamt Eberswalde (LK Barnim) waren mit der Situation völlig überfordert. Noch immer ist vielen Beteiligten die Bedeutung einer Entfremdung unklar. Daher meine Frage an die Politik: Was werden Sie persönlich gegen Eltern-Kind-Entfremdung unternehmen?
Danke für Ihre Antwort.
Freundliche Grüße

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Sehr geehrte Frau S.,

ich danke Ihnen zunächst für Ihre interessante und höchst relevante Frage. Die Zahl der Kinder, die in Deutschland jährlich den Kontakt zu einem Elternteil durch Eltern-Kind-Entfremdung verlieren, ist erschreckend hoch. Hierbei handelt es sich ohne Frage um einen Fall psychologischer Kindesmisshandlung, die schwere bleibende Schäden bei den Opfern hinterlassen kann. Es gilt daher möglichst effektiv und umfassend dagegen vorzugehen, um den notwendigen Kindesschutz auch in diesem Punkt sicher zu stellen.

Es ist völlig klar, dass das Kindeswohl bei allen Erwägungen zum elterlichen Umgang und zu Betreuungsmodellen an erster Stelle stehen muss. In den allermeisten Fällen ist es jedoch das Beste für das Kind, regelmäßige persönliche Beziehungen und unmittelbaren Kontakt zu beiden Elternteilen zu unterhalten. Artikel 9 Absatz 3 der UN-Kinderrechtskonvention schützt daher das Recht des Kindes auf Umgang mit jedem Elternteil. Auch in Deutschland besteht dieses Recht des Kindes aus § 1684 BGB, welcher zudem festhält, dass jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt ist. Es mag Einzelfälle geben, in denen das Umgangsrecht oder sein Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer eingeschränkt oder ausgeschlossen sind, doch im Übrigen ist es Aufgabe der Gerichte, den regelmäßigen und persönlichen Kontakt zwischen Kind und beiden Elternteilen sicherzustellen. Gegen jegliche Form der Selbstjustiz von Seiten des Täters, der in Missachtung der gesetzlich geregelten Rechte des Kindes eine Umgangsverweigerung herbeiführt, muss entschieden (juristisch) vorgegangen werden.

Eine immer wieder aufkommende Forderung zur Verhinderung von Eltern-Kind-Entfremdung ist das gesetzliche Festlegen des Wechselmodells als bevorzugte Betreuungsform in Nachtrennungsfamilien. Doch eine solche Verallgemeinerung, die Festsetzung eines Regelfalls durch den Gesetzgeber, würde missachten, dass bei allen Abwägungen doch das Wohl des Kindes ausschlaggebend sein muss. Die allermeisten Eltern in Deutschland schaffen es, einvernehmlich ein Betreuungsmodell zu vereinbaren, das im Alltag umsetzbar ist und dem betroffenen Kind dient. Hierbei kann das Wechselmodell die beste Lösung sein, im Einzelfall sind teilweise aber auch ganz andere Modelle viel besser geeignet. Wenn ein derartiger Streit vor das Familiengericht kommt, müssen gut ausgebildete Familienrichter daher am einzelnen Kind orientierte Entscheidungen treffen. Die Einführung eines gesetzlichen Leitbildes wäre der falsche Weg.

Als effektivere Maßnahme gegen die Eltern-Kind-Entfremdung erachte ich die Prävention und das möglichst frühzeitige Einschreiten zum Schutz des Kindes. Eltern und Kinder sollten schon präventiv nach einer Trennung bzw. Scheidung begleitet und für die potenzielle Gefahr einer Eltern-Kind-Entfremdung sensibilisiert werden. Je früher Tendenzen einer derartigen Entfremdung zwischen einem Elternteil und dem Kind festgestellt werden können, desto eher kann interveniert werden, um Schäden vom Kind abzuwenden. Hierfür braucht es Jugendämter und Familiengerichte mit einem besonderen Bewusstsein für das Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung und eine ausreichende Zahl therapeutischer sowie beratender Angebote.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen bereits weiterhelfen.

Alles Gute Ihnen!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Christian Ehler MEP

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