Frage an Christian Carstensen von Joachim K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Carstensen,
ist es richtig, dass nun nach Milliardenkrediten an die Finanz-Branche ein "Sparprogramm" diskutiert wird, das vor allem Einschnitte im Sozialwesen vorsehen wird? Die sogenannte "Schuldenbremse"? Wie werden Sie sich dazu verhalten?
Ich möchte meien Meinung dazu nicht zurückhalten:
Oskar Lafontaine soll mal gesagt haben, in Zeiten der Not zu sparen sei wie ein Restaurantbesitzer der im Umsatzrückgang die Heizung abdrehe.
Ich finde nach den neo-liberalen Jahren haben die Ärmsten der Gesellschaft genug gelitten und die SPD, die mich in den letzten Jahren reichlich dadurch enttäuscht hat das sie eine meinen Erwartungen entgegengesetzte Politik gemacht hat, sollte sich genau diesen Gruppen wieder zuwenden, nicht der Hochfinanz.
In der sog. MITTE gibt es offenbar niemanden der die SPD haben will.
Was tun Sie für die Anhebung von HartzIV-Regelsätzen, die Abschaffung des Fordern-und-Fördern-Prinzips? Was tun Sie für die Wiedereinführung der Lehrmittelfreiheit an den Schulen und die Abschaffung von Studiengebühren?
Sehr geehrter Herr Kleinhans,
vielen Dank für Ihre Fragen zur Finanzmarktkrise und zur Sozialpolitik.
Es trifft zu, dass neben den drei Maßnahmenpaketen (Schutzschirm für den Finanzmarkt sowie die beiden Konjunkturpakete über 80 Milliarden Euro) natürlich auch darüber diskutiert wird, wie die aufgenommenen Schulden zurückgezahlt werden können.
Denn eines ist klar: In diesen Zeiten müssen wir aktiv gegen die Wirtschafts- und Finanzkrise ankämpfen und vorübergehend eine Erhöhung der Staatsverschuldung zur Sicherung der wirtschaftlichen Substanz des Landes und für Arbeitsplätze in Kauf nehmen. Das heißt aber auch, dass mit der Tilgung ab dem 1. Januar 2010 begonnen werden muss. In diesem Zusammenhang hat sich die Förderalismuskommission des Bundes und der Länder auch auf die Aufnahme einer Schuldenbremse in das Grundgesetz geeinigt.
Bei der Schuldenbremse wird es zwei Ausnahmen für höhere Verschuldung geben: in Zeiten der Rezession und bei Katastrophen. Und selbst dann gilt die Verpflichtung, neu aufgenommene Schulden schnellstmöglich wieder zu tilgen.
Langfristig muss das Ziel eines ausgeglichenen Staats- und Bundeshaushaltes gelten – das sind wir den kommenden Generationen schuldig und führt auch dazu, dass ein leistungsfähiger Sozialstaat überhaupt existieren kann.
Ich stimme Ihnen zu, dass der neoliberale Zeitgeist, der sich in den Kolumnen der Printmedien und Talkshows in den letzten Jahren zusehends verbreitete, am Ende ist. Er war auch nie Gegenstand der SPD-Programmatik, sondern ist im Leipziger Parteitagsbeschluss der CDU und in der FDP zu finden. Dies zeigt sich auch bei den gegenwärtigen Bestrebungen der SPD, die Managergehälter zu beschränken. Die SPD will die steuerliche Absetzbarkeit von Managergehältern und Abfindungen begrenzen und Manager dazu verpflichten, ihre Entscheidungen nicht nur an Unternehmensinteressen, sondern auch am Wohl der Allgemeinheit auszurichten. Diese Vorschläge wurden von CDU/CSU in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Großen Koalition abgelehnt!
Für die Höhe des Arbeitslosengeldes II (Hartz IV) ist nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes der Existenzminimumbericht des Finanzministeriums entscheidend. Nach dem Entwurf für das Jahr 2010 können die Empfänger mit einer Erhöhung um 1,9% in 2009 und weiteren 2,3% in 2010 rechnen. Außerdem hat die Große Koalition im Konjunkturpaket II die Erhöhung der Regelsätze für Kinder von 60 auf 70% des Erwachsenen-Regelsatzes zum 1. Juli 2009 verabschiedet. Dass das Prinzip des Forderns und Förderns der richtige Weg ist, hat die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in den letzen Jahren gezeigt. Sie ist von 5 Millionen auf unter 3 Millionen im Oktober 2008 gesunken – auch wenn die Zahlen in der gegenwärtigen Krise wieder ansteigen, ist der deutsche Arbeitsmarkt wetterfester geworden und im europäischen Vergleich weit vorne. Um Arbeitslose wieder schneller in Arbeit zu bringen, wurden die arbeitsmarktpolitischen Instrumente vereinfacht und übersichtlicher für die Vermittler gestaltet. Die Vermittlung in Arbeit wurde außerdem durch 1.900 zusätzliche Vermittlerstellen für Bezieher von Arbeitslosengeld II gestärkt.
Zu Ihren Fragen zur Bildungspolitik: Dieser Bereich liegt in der Zuständigkeit der Bundesländer, aber vergleichen Sie bitte bei den Studiengebühren, in welchen Ländern die Studenten gezwungen werden, zu zahlen: Nur in den von CDU-Ministerpräsidenten regierten Ländern! Kein einziges SPD-geführtes Bundesland hat Studiengebühren – diese sind unsozial und gehören abgeschafft. Genauso wie Schulbuchgebühren.
Wir Sozialdemokraten weisen auf diesen Umstand regelmäßig hin und haben uns zuletzt ja auch im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf für die Abschaffung der Studiengebühren und für die Lernmittelfreiheit eingesetzt.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Carstensen