Frage an Christian Carstensen von Annette-C. D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Carstensen,
es geht um meine Frage vom 19.08.13 sowie um Ihre Antwort darauf – vielen Dank für Ihre Zeit!
Bitte präzisieren Sie Ihre Aussagen:
„..für eine europäische Wirtschaftsregierung einsetzen …“ oder „...muss aber die europäische Wirtschaft wieder in Schwung kommen…“ das ist mir nicht genau genug.
Die Schuldenländer wollen keine gemeinsame Wirtschaftsregierung. Sie wehren sich dagegen und fassen es als ein Diktat auf.
Und wie möchten Sie „die Wirtschaft…in Schwung“ setzen? Die Hilfspakete haben bisher nichts bewirkt. GR braucht Investoren, verbittet sich aber jede Einmischung. Ein Investor gilt als Besatzer und man behandelt ihn auch so.
Wie verhindern Sie „Lohn- und Sozialdumping zwischen den EU-Ländern“?
Löhne richten sich im Normalfall in einer Marktwirtschaft nach der Produktivität. Produktivität in den Schuldenländern ist aber gerade DAS Problem.
In GR ist Produktivität ein Fremdwort. Man misst das eigene Einkommen folglich NICHT an der Produktivität, sondern am Einkommen anderswo – vorzugsweise in Deutschland und den Niederlanden.
Möchten Sie im Euroraum gleiche Löhne bezahlen? Der griechische Olivenbauer kann keine einzige Olive mehr verkaufen, wenn er seinen albanischen und bulgarischen Erntearbeitern den gleichen Lohn zahlen muss wie es die Spargelbauern in Deutschland tun!
Sollen wir Bürger in Deutschland bezahlen, bis auch Griechenland und Portugal genügend Willen und Wissen besitzen, um besser wirtschaften zu können?
Das wäre, als ließen Sie einen Abiturienten solange in der zweiten Klasse sitzen, bis auch der Zweitklässler die Höhere Reife erlangt hat.
Die Vergemeinschaftung von Schulden schafft keine Arbeitsplätze in den Nehmerländern. Denn mehr billiges Geld/Hilfspakete bedeuten dort nur höhere Einkommen und mehr Konsum von Importen.
Bitte nehmen Sie hierzu Stellung. Denn vielleicht handelt es sich um Missverständnisse.
Ich kann Sie ansonsten nicht wählen.
Mit freundlichen Grüßen
Annette-C. Delinicolas
Sehr geehrte Frau Delinicolas,
vielen Dank für Ihre erneute Anfrage. Ich befürchte, ich kann ihre Fragen für Sie nicht befriedigend beantworten. Vieles zur Zukunft Europas wird auf europäischer Ebene im Austausch mit unseren europäischen Partnerländern entschieden werden. Wir als SPD setzen uns generell für eine Demokratisierung der EU ein. Details hierzu und zu den Wirtschaftsvorstellungen finden Sie in unserem Wahlprogramm unter
http://www.spd.de .
Auf Ihre konkreten Fragen möchte ich natürlich trotzdem eingehen:
Die SPD setzt sich für eine europäische Wirtschaftsregierung ein. Wir möchten, dass Europa in Fragen der Wirtschaft mit einer Stimme spricht, d.h. dass die unterschiedlichen ökonomischen Vorstellungen in Einklang gebracht werden müssen. Dies wird sicher kein einfacher Prozess, aber sonst sehen wir den gemeinsamen Währungsraum gefährdet. Die europäische Wirtschaft kann nur dann in Schwung kommen, wenn die Krisenländer in der Lage sind, wieder zu produzieren und zu konsumieren. Immer weitergehende Spardiktate sind hier nicht hilfreich.
In unserem Wahlprogramm haben wir konkret ausgeführt, wie wir Lohn- und Sozialdumping zwischen den EU-Ländern verhindern wollen. Das Stichwort "Sozialer Stabilitätspakt" hatte ich bereits genannt. Darunter verstehen wir die Festschreibung von Zielen und Vorgaben für Sozial- und Bildungsausgaben. Die Ziele und Ausgaben bemessen sich dabei am BIP des jeweiligen Landes. Wir wollen auch existenzsichernde Mindestlöhne in allen EU-Staaten. Dieses sollen sich wiederum an den jeweiligen nationalen Durchschnittseinkommen bemessen.
So viel hierzu. Ich schlage vor, wir besprechen mögliche weitere Nachfragen persönlich. Sprechen Sie mich gerne bei einer meiner Veranstaltungen an oder schreiben Sie mir. Kontaktmöglichkeiten und Veranstaltungen finden Sie unter http://www.christiancarstensen.de.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Carstensen