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Christian Carstensen
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Frage von Susanne W. •

Frage an Christian Carstensen von Susanne W. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Carstensen,

leider bekomme ich immer mehr den Eindruck, das Gesetzesänderungen immer mehr auf die schnelle durchgepeitscht werden. Als Beispiel möchte ich einmal die Gesundheitsreform und die Änderung des Schulsystems in Hamburg nennen.

Für mich unverständlich ist es z.B., das ein Arbeitnehmer, der durch das Unterschreiben der 55-Regelung sowieso schon finanzielle Einbussen hat, jetzt auch noch mit dem vollen Krankenkassensatz von 15,5 % belastet, da das monatliche Einkommen, das noch vom Arbeitgeber gezahlt wird, als Abfindung gewertet wird.

Viele Arbeitnehmer haben die 55er-Regelung unterschrieben, um ihren Arbeitsplatz für junge Arbeitnehmer mit Familien freizumachen, die ansonsten vielleicht eine betriebsbedingte Kündigung bekommen hätten.

Haben Sie nicht auch das Gefühl, das in diesen Fällen die Gesundheitsreform sehr ungerecht ist ?

In unserem Fall macht das rund € 300 mehr Krankenkassen-beitrag aus, die natürlich im monatlichen Budget fehlen. Wäre zu dem Zeitpunkt des Beginns der 55-Regelung bekannt gewesen, dass so eine Gesundheitsreform kommt, hätte bestimmt keiner unterschrieben.

D.h. sogenannte 55er mit Abfindungen zahlen die Höchstbeiträge, haben aber nicht den Anspruch wie normale Arbeitnehmer, die z.B. nach 6 Wochen von der Krankenkasse eine Lohnfortzahlung bekommen. Gerecht ?

Dagegen ist das Konjunkturpaket mit den monatlichen Geldzuwendungen ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Sehen Sie eine Lösung dieses Problems ?

Mit Spannung erwarte ich Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüssen

S. Wischhöfer

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Wischhöfer,

vielen Dank für Ihr Schreiben zu höheren Beitragszahlungen zur Krankenversicherung auf Abfindungen im Rahmen der 55er Regelung.

Ich bedauere, dass bei Ihnen der Eindruck entstanden ist, die Gesundheitsreform sei zu schnell durch das parlamentarische Verfahren gedrängt worden.
Vielleicht ist an dieser Stelle auch die mediale Berichterstattung nicht ganz unschuldig. Tatsächlich haben wir im Deutschen Bundestag lange diskutiert, natürlich auch, weil die Gesundheit eines der wichtigsten Themenfelder für alle Bürger ist. So begleitet die Reform den Deutschen Bundestag bereits seit dem Jahre 2006.

Was die aktuelle Hamburger Schulreform betrifft, gebe ich Ihnen aber vollkommen Recht, dass diese sehr schnell verfolgt wurde. Nicht einmal die Hamburger Bürgerschaft hat die Reform umfassend behandelt. Weil Bildung in der Verantwortung der Bundesländer liegt, ist dafür einzig und allein der schwarz-grüne Senat in Hamburg verantwortlich. Bei der Schulreform wurde die Kritik von Eltern, Schulen und Opposition bisher weitgehend ignoriert.
Als Vater von zwei Töchtern im bald schulpflichtigen Alter, kann ich Ihre Sorge somit uneingeschränkt teilen, bin ich mit meiner Familie doch selbst betroffen.
Gerade bei einem so wichtigen Thema wie der Bildung unserer Kinder sollten keine politischen Schnellschüsse erfolgen.

Bezüglich der gestiegenen Beiträge zur Krankenkasse zum 1. Januar 2009 kann ich Ihren Ärger gut verstehen - zumal mir auch Fälle bekannt sind, in denen bisher lediglich 25% einer Abfindung zur Beitragsbemessung herangezogen wurden und nun die Anrechnung des vollen Abfindungsbetrages greifen soll.

Ich habe mich mit Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in Verbindung gesetzt und auch über Ihren Fall gesprochen. Sie konnte mir mitteilen, dass der von den Krankenkassen vermittelte Eindruck, dass der Gesetzgeber dafür verantwortlich sei, dass ab dem 1. Januar 2009 die gesamte Abfindung den Krankenkassenbeiträgen unterzogen werden muss und dies unumgänglich sei, aus zwei Gründen nicht zutreffend ist.

Zum einen hat der Gesetzgeber im Rahmen der Gesundheitsreform lediglich bestimmt, dass nunmehr der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Beitragsbemessung festlegt – auch für Abfindungen. Dem Verband gehören alle gesetzlichen Krankenkassen an. Am 27. Oktober 2008 hat der Verband selbst beschlossen, dass ab dem 1. Januar 2009 Abfindungen einheitlich dem vollen Umfang der Beitragspflicht unterliegen. Insofern ist die unvorteilhaftere Beitragsbemessung nicht das Resultat des Gesetzgebers, sondern von den Krankenkassen verursacht.
Dies ist mir zwar zur Klarstellung der Verantwortlichen wichtig, hilft Ihnen aber natürlich konkret überhaupt nicht.
Viel wichtiger ist allerdings der zweite Hinweis:

Zum anderen hat nämlich der Spitzenverband nach Hinweisen von Betroffenen wie Sie durch einen Vorstandsbeschluss am 18.12.2008 die erste Änderung der Beitragsverfahrensgrundsätze und eine Rückkehr zur „alten Verfahrensweise“ der Krankenkassen beschlossen.
Bisher sah die Praxis vieler Krankenkassen – so ja auch in Ihrem Fall – vor, dass Entlassungsabfindungen in Fällen von Frühverrentung nur in einem beschränkten Umfang der Beitragsbemessung unterworfen waren. Die vom Spitzenverband Bund geänderte Regelung könnte also auch für Ihren Fall einschlägig sein. Die Anwendung des geltenden Rechts ist aber ebenso Aufgabe der Krankenkassen bzw. der jeweiligen Aufsichtsbehörden. Ich empfehle Ihnen daher, sich zur aufsichtsrechtlichen Prüfung Ihres Falles an die zuständige Aufsichtsbehörde zu wenden. Deren Anschrift können Sie bei Ihrer Krankenkasse erfahren.

Dass Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz für einen jüngeren Arbeitnehmer freimachen und aus dem Betrieb ausscheiden, keinen Anspruch darauf haben, nach 6 Wochen krankheitsbedingten Fehlens eine Lohnfortzahlung zu erhalten, liegt natürlich an dem Umstand, dass diese bereits von der Arbeit ausgeschieden sind. Ich kann aber verstehen, dass Sie dies subjektiv betrachtet als ungerecht empfinden.

Abschließend noch kurz zum Konjunkturpaket: Das aktuelle Paket, das im Februar vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrat verabschiedet werden soll, sieht zum Thema Krankenkassenbeiträge vor, dass die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung mit Wirkung vom 1. Juli 2009 um 0,6 Prozentpunkte auf dann 14,9 Prozent gesenkt werden. Diese und alle weiteren geplanten Maßnahmen können Sie einsehen unter: http://www.spd.de/de/pdf/spd-aktuell/090113_SPD-Akt-2-Konjunkturpaket02.pdf

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen ein wenig weiterhelfen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Carstensen